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22. September 2022
In der Schweiz entscheiden die Kantone über die Voraussetzungen fürs Betteln. Im Kanton Luzern galt bisher ein faktisches Bettelverbot. Der Kanton prüft nun Anpassungen, damit das Bettelverbot keine Menschenrechte verletzt. Im Rahmen einer Vernehmlassung schlägt er eine Bewilligungspflicht vor. Damit ist der Stadtrat aus verschiedenen Gründen nicht einverstanden.

Eine Rumänin wurde 2014 in Genf zu einer Geldstrafe von 500 Franken verurteilt. Sie hat im öffentlichen Raum mehrfach gebettelt. Sie zog dieses Urteil bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiter. Dieser entschied 2021, dass ein vollständiges Bettelverbot gegen das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verstösst (Urteil 14065/15). Dieses Urteil hat auch Auswirkungen auf die Schweiz beziehungsweise die Kantone. Denn die Kantone entscheiden über die Voraussetzungen für das Betteln. Nun müssen alle Kantone mit einem Bettelverbot über die Bücher – so auch der Kanton Luzern.

Kanton Luzern schlägt Bewilligungspflicht vor

Am 9. Juni 2022 erklärte der Kanton Luzern den Gemeinden in einer Vernehmlassung, wie er das Bettelverbot anpassen könnte. Sein Vorschlag: Wer bettelt, muss dafür bei den Gemeinden eine Bewilligung beantragen. Die Gemeinden sollen dabei verantwortlich für die Ausstellung wie auch die Kontrolle der Bewilligung sein. Aus folgenden Gründen können Gemeinden die Bewilligung verweigern:

  • Eine Person bettelt in organisierter Form für ihren Lebensunterhalt.
  • Eine Person schickt dafür jemand anderen zum Betteln.

Nun können die Gemeinden im Rahmen der Vernehmlassung zum Vorschlag des Kantons Stellung nehmen.

Stadtrat wünscht einheitliche Lösung für alle Gemeinden

Der Stadtrat von Luzern findet die Einführung einer Bewilligungspflicht fürs Betteln nicht zielführend. Begründung: Jede Gemeinde müsste einen eigenen Bewilligungsprozess erarbeiten. Auch müssten die Gemeinden selber sicherstellen, dass Verstösse gegen eine Bettelbewilligung richtig geahndet würden. Der Aufwand dazu wäre unverhältnismässig und der Prozess wäre kompliziert.

Ausserdem könnte auch diese Lösung die Menschenrechte verletzen: Viele bettelnde Personen leben am Rand der Gesellschaft und sind teilweise Suchtbetroffene. Für sie ist es eine grosse Hürde, eine Bettelbewilligung zu beantragen. Das wirft die Frage auf, ob mit der Bewilligungspflicht faktisch nicht ein neues Bettelverbot geschaffen würde. Der Stadtrat ist aus diesen Gründen mit dem Vorschlag des Kantons nicht einverstanden. Er wünscht sich eine kantonsweite einheitliche Regelung des Bettelns, wie zum Beispiel in Basel-Stadt.

Der Kanton Luzern nimmt die Stellungnahmen der Gemeinden zur Kenntnis und entscheidet anschliessend über das weitere Vorgehen.

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Betteln Bewilligungspflicht Medienmitteilung 22.09.2022 (PDF, 223.74 kB) Download 0 Betteln Bewilligungspflicht Medienmitteilung 22.09.2022
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