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Das Gebiet des Quartiervereins «Wächter am Gütsch» erstreckt sich vom Kasernenplatz bis zur Reussinsel. In früheren Zeiten sprach man von der Sentivorstadt. Das Gebiet lag ausserhalb der ehemaligen Stadtmauer. Hier siedelte man an, was in der Stadt nicht gern gesehen war: das Anwesen des Henkers samt Richtplatz, das Siechenhaus, das Zuchthaus, die Infanteriekaserne oder das Schlachthaus. Die Infrastruktur für die Bewohner hingegen wurde klein gehalten. Nicht von ungefähr formierte sich hier im Untergrund, wie die Sentivorstadt auch hiess, unter dem programmatischen Namen «Wächter am Gütsch» 1864 der erste Quartierverein Luzerns und forderte von der Stadt die Verbesserung der Lebensbedingungen ein.

Der Stadtrat musste sich wohl erst an die Aufmüpfigkeit gewöhnen, reklamierte er doch, es sei «ungeheuerlich», was die Untergründler da wollten. Der Beharrlichkeit des Quartiervereins konnte er sich letztlich nicht entziehen. Wohl auch nicht dem Faktum, dass der Untergrund auch wirtschaftlich von erheblicher Bedeutung für die Stadt war. Von alters her der wichtigste Umschlagplatz der Stadt, war er im 19. Jahrhundert auch Ausgangspunkt bedeutender Unternehmen, die zum Teil noch heute existieren, wie zum Beispiel die Schindler Aufzüge AG oder die von Moos’schen Eisenwerke (heute Bestandteil des Weltkonzerns Schmolz und Bickenbach).

Der Untergrund spielte aber auch eine tragende Rolle im Bereich der Integration. In diesem Quartier der Hintersässen liessen sich die Arbeitskräfte nieder, die im Zuge des Gotthardbahnbaus in den 1880er- und des Baubooms in den 1890er-Jahren nach Luzern kamen und vorwiegend aus Italien stammten. Viele sind geblieben und integrierten sich auch in das Vereinswesen. Italiener gründeten etwa den Gruppo ciclistico italiano «Concordia» Lucerna, den späteren Veloclub Concordia. Auch wirtschaftlich waren die Immigranten aktiv. Unter anderem gründeten sie sechs Baugeschäfte, nämlich Piazza, Medici, Borghi, Capra, Conti und Riva. Ferner betrieben die Italiener Kolonialwarengeschäfte, Schuhmachereien oder Schneidereien. Heute leben im Untergrundquartier Menschen aus über 70 Nationen.

Die bauliche Gestalt des Quartiers, wie wir es heute kennen, wurde zum grossen Teil durch massive Eingriffe in den 1970er Jahren geformt. Eisen- und Autobahnbrücken wurden erstellt, der Durchstich des Sonnenbergtunnels erfolgte; Kaserne, Schlachthaus und Waisenhaus verschwanden. Obwohl auch Gebäude entstanden, lag der Schwerpunkt auf den verkehrstechnischen Erneuerungen – nicht ohne erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität des Quartiers. Wie ihre Urväter sehen die heutigen Exponenten des Quartiervereins aber nicht nur die Herausforderungen, sondern auch das Potenzial ihres Quartiers, das mit der Fusion Littau-Luzern von der Vorstadt zur neuen Stadtmitte geworden ist.
Missstände waren die Triebfeder für die Gründung des ältesten Quartiervereins Luzerns. Wahrscheinlich wurde in dieser Angelegenheit zum letzten Mal ad hoc beim Stadtrat reklamiert. Die nachfolgenden Eingaben wurden mit dem Vereinsnamen „Wächter am Gütsch“ unterzeichnet. Das Siedlungsgebiet wird von Gütsch und Reuss begrenzt. Die Kantonale Strafanstalt wurde 1951 abgebrochen. Baselstrasse 12/ Waisenstrasse 1
Während des Zweiten Weltkrieges lagerte die Armee in den Magazinräumen Automobil- und Flugzeugteile ein.
Erstes Wohn- und Geschäftshaus der Firma Bielmann an der Baselstrasse 12.
Rechts: Das alte Waisenhaus mit Garten.
Im Schatten des repräsentativen Bielmannschen Hauses duckten sich die Häuser an der Militärstrasse ohne jeglichen Wohnkomfort. Nach der Liquidation der Firma Bielmann wurden das Geschäftslokal und die kleinen Häuser an der Waisenstrasse («Schnepfengestell») 1969 verkauft und kurz darauf abgerissen. Neubau anstelle der abgerissenen Bielmann-Häuser. Die erste Korrektion der Baselstrasse (1867) wurde vom Quartierverein hartnäckig erkämpft. Die Sentianstalt wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts als Siechenhaus gebaut. Später diente sie als Verpflegungs- und Korrektionsanstalt. 1930 wurde die Sentikirche der römisch-katholischen Kirche übergeben. Die beiden angebauten Häuser waren hingegen Privatbesitz. Auf Initiative des Quartiervereins wurde das baufällige Sentispital in den 1980er Jahren vom Stadtrat zurückgekauft und renoviert. Die Erhöhung des Bahndammes 1894 schnitt die Sentimatte vom Untergrund ab. Umbau und Erweiterung der Baselstrasse 85, zirka 1942 Der Weltkonzern Schindler Aufzüge AG hatte seinen Hauptsitz von 1874 bis 1957 auf der Reussinsel (Sentimattstrasse). In den 1970er Jahren erhielt das Quartier die Gestalt, die wir heute kennen. Das Sääli des Gasthauses Untergrund wurde gerne für Anlässe gemietet. Es war das grösste Lokal im Quartier. Im Ladenlokal an der Baselstrasse 72 befand sich damals das Geschäft «Elektro Käppeli», heute ist hier das Quartierbüro untergebracht. Kurz nach der Vereinsgründung erhielt der Untergrund 1865 einen Polizei- und Feuerwehrwachposten. Baselstrasse 84, 86, 88 (Restaurant) Wenige Jahre später ersetzte die erste Lichtsignalanlage der Stadt den Verkehrspolizisten. Neue Wegweiser und Lichtsignal Im Vordergrund das Volksbad "Mississippi-Dampfer" Das Naturhistorische Museum wurde im rekonstruierten, zirka 300 Meter östlich verschobenen Waisenhaus errichtet.