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22. Oktober 2021
Wenn Kinder und Jugendliche mit keinen oder geringen Deutschkenntnissen nach Luzern ziehen, besuchen sie maximal ein Jahr lang eine Aufnahmeklasse. Jene für Lernende der Sekundarschule befindet sich im Schulhaus Hubelmatt.

«Möchtest du ein Rivella rot, blau oder grün?» – «Kosten alle gleich viel?» «Ja, eine Flasche kostet 2 Franken 50.» David (13) und Abisharan (14) üben fleissig Deutsch. Sie sitzen mit ihrem Lehrer Andi Imhof um dessen Pult, hören sich die Dialoge ab Band an und wiederholen die Wörter. Andi Imhof präzisiert, lobt und korrigiert, bis die Sätze gut über die Lippen kommen. Weitere Jugendliche sitzen hoch konzentriert an ihren Pulten und üben Präsens, Perfekt und Präteritum – ein typischer Unterrichtsmorgen im Schulzimmer von Andi Imhof. «In der Klasse befinden sich jeweils bis zu zwölf Lernende», sagt der Lehrer, der seit 14 Jahren Aufnahmeklassen auf Sekundarstufe unterrichtet und davor mehrere Jahre auf der Primarstufe. Die Kenntnisse der Jugendlichen sind sehr unterschiedlich, und die Klassenzusammensetzung wechselt permanent, was den Unterricht spannend und zugleich herausfordernd macht.

Maximal ein Jahr

Die Aufnahmeklasse richtet sich an Kinder und Jugendliche, die kein oder nur sehr wenig Deutsch sprechen und in Luzern wohnhaft werden. Neben intensivem Deutsch unterrichten die Lehrpersonen weitere Fächer, die der Lehrplan vorsieht. «Die Aufnahmeklasse ist eine Angebotsform, die der Kanton Luzern bei der Beschulung von fremdsprachigen Lernenden als Möglichkeit vorschlägt», sagt Andrea Scheuber vom Rektorat der Volksschule. «Das Angebot wird in der Stadt Luzern an drei Standorten unterrichtet. Neben der Sekundarklasse im Schulhaus Hubelmatt gibt es zwei Primarklassen im Schulhaus Säli und eine im Schulhaus Staffeln.» Die Lernenden bleiben maximal ein Jahr in der Klasse. Sobald sie dem Unterricht in der Regelklasse folgen können, besuchen sie halbtageweise Lektionen in ihrer künftigen Klasse. Mit den anderen Sekschülerinnen und -schülern kommen sie schon davor in Kontakt – meist am Mittagstisch oder beim Pingpong- oder Fussballspielen.

Hohe Motivation

Die Mehrheit der Lernenden, die in der Aufnahmeklasse startet, spricht kein Wort Deutsch. Ihre Herkunftsländer haben unterschiedliche Bildungsstandards – in der Klasse prallen Welten aufeinander. Andi Imhof führt aus: «Es gibt Jugendliche, die jahrelang auf der Flucht waren, andere, deren Familien alle paar Jahre den Wohnort wechseln, weil die Eltern international arbeitstätig sind.» Trotz aller Verschiedenheit gibt es in der Klasse einen grossen Zusammenhalt. «Die Jugendlichen helfen einander, denn sie sind alle im selben Boot.» Auffallend sind die Stille und die Konzentration im Schulzimmer. Die Lernenden sind sich meist bewusst, dass sie etwas leisten müssen, wenn sie Fuss fassen wollen. «Deshalb ist ihre Motivation überdurchschnittlich», sagt Andi Imhof. Sehr zu seiner Freude machen die meisten später eine Berufslehre.

Auch Mundart

Am Pult von Andi Imhof hört sich eine Gruppe Chatverläufe von Jugendlichen an. Luisa (14) spricht nach: «Das esch aber es schöns Ferieföteli.» Dass es um Ferien geht, finden sie und Esref (15) schnell heraus. Dass sich hinter dem Wort «Föteli» der schweizerdeutsche Begriff für «Foto» verbirgt, muss ihnen Andi Imhof hingegen erst erklären.

Text: Andrea Müller, Kommunikation Volksschule

 

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