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15. April 2025
Hier pfeifen es die Amseln vom Dach beziehungsweise aus den Gärten: Das Quartier entlang der Mühlemattstrasse ist idyllisch und familienfreundlich. Mitten auf der Strasse stehen alle zwei Jahre sogar gedeckte Tische, an denen getafelt wird.

Von Christine Weber

Bild oben: Die Mühlematt-Tavolata im Sommer 2024: «Es kommen sowohl Alteingesessene wie Neuzugezogene, Kinder und ältere Personen, Familien und Singles. Das ist ja das Tolle daran: Willkommen sind wirklich alle!», sind sich die Mitglieder des Organisationskomitees (OK) einig.

Steil bergan geht es auf der langgezogenen Mühlemattstrasse gegen den Bramberg zu. Vorbei an hübschen Mehrfamilienhäusern mit Balkonen, die charmant und gut im Schuss sind. In den Vor- und Hintergärten spriessen die ersten Primeln und Krokusse, das eine und andere Gemüsebeet ist schon parat zur Bepflanzung. Nach einer steilen Kurve mündet die Mühlemattstrasse in eine Sackgasse: Endstation. Zumindest für den Durchgangsverkehr – nicht aber für die Bewohnenden: Versammelt auf dem Strassenplätzchen haben sich etwa zehn Erwachsene, die rundum leben und sich für die Nachbarschaft engagieren. Flugs gesellen sich aus verschiedenen Ecken und Hauseingängen mehrere Kinder dazu. Sie parkieren ihre Trottis am Mäuerchen, kicken einen Fussball herum und tun ihre Meinung kund zum Quartier. «Draussen spielen immer viele Kinder, das ist cool», sagt der neunjährige Camillo, und sein Bruder Giuliano (12) findet auch, dass hier immer etwas läuft.

Spielen
«Draussen spielen immer viele Kinder, das ist cool», sagt der neunjährige Camillo.

Friedlicher Fleck zum Leben

Kein Wunder, ist hier ein kleines Kinderparadies, denn rund um die Mühlemattstrasse leben viele Familien. Die meisten Kinder gehen ins Schulhaus St. Karli, der Tschuttiplatz bei der Stadtmauer ist nicht weit und alle wissen, wer in welchen Gärten und Wohnungen zu Hause ist. Das macht nicht nur den Kindern Spass, sondern ist für die Erziehungsberechtigten auch praktisch: Die Kinder können ab und an bei Nachbarn zum Zmittag oder Zvieri bleiben und sind dort gut und sicher aufgehoben. «Wir haben ein gutes Gemeinschaftsgefühl und unterstützen uns gegenseitig. Der Umgang ist freundlich und respektvoll – das schätzen wir sehr», sagen Lea und Jose Ketterer Bonnelame, die mit ihren zwei Töchtern seit über zehn Jahren im Quartier leben. Ihre Meinung wird geteilt: «Ich kann mich mit dem Quartierleben hier identifizieren – es ist möglich, soziale Bindungen aufzubauen und gemeinsam etwas anzustossen», sagt etwa Rolf Portmann. Auch Lea Widmer und Luca de Risio betonen den freundschaftlichen Umgang und das hilfsbereite Miteinander von Leuten unterschiedlicher Generationen, und Isabel Portmann meint: «An einem so schönen und friedlichen Fleck wohnen zu dürfen, ist ein Geschenk.»

Bestechend einfache Idee

Friede, Freude, Eierkuchen in diesem freundlichen Quartier, das dennoch lebendig und nahe bei der urbanen Szenerie ist? Alles in allem sei die Stimmung tatsächlich entspannt. Aber natürlich komme es auch hier hin und wieder zu Meinungsverschiedenheiten und Konflikten, beispielsweise wenn der Kindertrubel eine gewisse Lautstärke annehme. «Das gehört vermutlich dazu, wenn auf relativ engem Raum Menschen mit unterschiedlichsten Vorstellungen, Lebensmodellen und Gewohnheiten daheim sind», sagt Isabel Portmann, die beruflich als soziokulturelle Animatorin arbeitet und sich mit eigener Praxis als Coach für ressourcenorientiertes Leben engagiert.

Die unkomplizierte und gute Nachbarschaft wird explizit gestärkt und gefördert. Zum Beispiel mit Aktivitäten wie der Tavolata, die alle zwei Jahre das Quartierleben bereichert und aufmischt. Die bestechend einfache und verbindende Idee hat sich eine etwa zehnköpfige Gruppe von Anwohnenden ausgeheckt: Jeweils an einem Sommerabend wird auf dem oberen Teil der Mühlemattstrasse getafelt. Und so funktioniert es: «Den eigenen Tisch und Stühle mitbringen und einfach auf die Strasse stellen. Aufgetischt werden das Essen und Trinken, das ebenfalls alle selber mitbringen. Jede und jeder kann mitmachen und sich mit den eigenen Utensilien unkompliziert und auch spontan dazugesellen », erklären Katrin Burri und Marcel Casutt.

Die vielen Tische bilden aneinandergereiht eine lange und bunt gemischte Tafel – eine gesellige Tavolata eben, an der ab dem Nachmittag bis in den späten Abend geschlemmt, geplaudert und gelacht wird. «Diese Aktion ist immer wunderbar für Begegnungen und den gemeinsamen Austausch im Quartier », tönt es unisono aus dem Organisationskomitee. Zwischen 80 und 100 Menschen nehmen jeweils Platz an der Tafel. «Es kommen sowohl Alteingesessene wie Neuzugezogene, Kinder und ältere Personen, Familien und Singles. Das ist ja das Tolle daran: Willkommen sind wirklich alle!»

Organisatorisch halte sich der Aufwand in Grenzen, erzählen die Mitwirkenden. Auch, weil bewusst auf ein Rahmenprogramm mit Bands oder anderen Aktionen verzichtet werde. «Uns geht es um das gemeinsame Beisammensein, die Begegnungen und das Plaudern. Das ist genügend Unterhaltung für eine lebendige und anregende Stimmung», sagt Isabel Portmann. Erstmals aufgetischt wurde im Jahr 2020, die nächste und vierte Tavolata wird dann 2026 auf die Mühlemattstrasse gestellt.

Tavolata
Freuen sich bereits auf die Tavolata 2026 (von links): Rolf Portmann, Luca de Risio, Lea Widmer, Jose Bonnelame, Lea Ketterer Bonnelame, Isabel Portmann, Marcel Casutt und OK-Nachwuchs aus der Mühlemattstrasse. Auf dem Bild fehlt Katrin Burr

Analoges stärkt Nachbarschaft

Wie wichtig und bereichernd eine gute Nachbarschaft ist, zeigte sich gemäss Isabel Portmann während der Coronazeit besonders deutlich. «Wir haben uns wirklich umeinander gekümmert und mit kleinen, kreativen Aktionen den Kontakt zur Nachbarschaft gesucht und aufrechterhalten. Das hat auch zu neuen Beziehungen geführt und das Quartierleben insgesamt gestärkt.» Beispielsweise häkelten verschiedene Wohnparteien in einer Art Stafette einen bunten Strang, der dann von Fenster zu Fenster oder Balkon zu Balkon führte. Oder die Kinder machten Zeichnungen, die insbesondere bei älteren Menschen an Tür oder Briefkasten geklebt wurden. Sogar die Abfallsäcke seien manchmal mit lustigen Klebern bestückt worden, um den REAL-Mitarbeitenden auf diesem Weg zu danken. Solche Aktionen und persönliche Begegnungen kitten auch nach der Pandemiezeit besser als ein digitaler Austausch im Chat – das will die engagierte Gruppe an der Mühlemattstrasse auch in Zukunft entsprechend handhaben: Treffpunkt für Besprechungen ist das Plätzchen am Ende der Mühlemattstrasse. «Es muss ja nicht immer gleich eine Tavolata sein. Auch eine Pizza eignet sich bestens für ein gemütliches Zusammensein.»

Weitere Informationen

Die Nachbarschaft feiern
Am Freitag, 23. Mai 2025, findet in vielen Gemeinden und Städten der Tag der Nachbarschaft statt. Auch in der Stadt Luzern gibt es in manchen Quartieren kleinere und grössere Aktionen und Anlässe, in denen die Quartiergemeinschaft Gepflegt und gefeiert wird. Eine gute Gelegenheit, um miteinander in Kontakt zu kommen und sich auszutauschen.

Gemeinsam planen
Initiiert wurde der Tag der Nachbarschaft von der European Federation of Local Solidarity. Ziel war und ist die Förderung aller Formen der Solidarität in der Nachbarschaft, im Quartier. Dies kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen. Ideal ist es, wenn gemeinsam, einfach und unkompliziert geplant wird. So ist der Aufwand für alle kleiner.

Weitere Informationen online
In Ihrem Quartierbüro und online finden Sie weitere Informationen sowie ab Mitte Mai eine Übersicht der Anlässe unter: Tag der Nachbarschaft

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Stadtmagazin 1/2025

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