Von Luca Wolf
Bild oben: Für das See-Energie-Netz im Tribschenquartier werden neue Leitungen verlegt.
Die Entwicklung der Stadt Luzern ist untrennbar mit jener der Wasserversorgung verbunden. Erst die immer besser werdende Wasserversorgung hat ermöglicht, dass sich die Stadt zu dem beliebten und wirtschaftlich florierenden Zentrum der Zentralschweiz entwickeln konnte, das es heute ist.
Ein Quantensprung erfolgte vor 150 Jahren. Damals, 1875, wurde die erste zentrale Druckwasserversorgung in Betrieb genommen: Vom Eigental floss Quellwasser via Reservoir am Sonnenberg in die Stadt Luzern. Und zwar ohne Pumpen, einfach dank dem natürlichen Gefälle. Für die Bevölkerung stellte die Druckwasserversorgung eine enorme Erleichterung dar. «Neu konnte dank dieser Pionierleistung das Wasser direkt in die Gebäude befördert werden», sagt Claudio Ganassi, Leiter Betrieb Trinkwasser bei ewl Energie Wasser Luzern. Erst ab dann floss in den Wohnungen sauberes Trinkwasser aus Wasserhahnen. Luzern gehörte in der Schweiz zu den ersten Städten mit einer solchen Trinkwasserversorgung, wie im Buch «Versorgen und gewinnen» von Fabian Hodel nachzulesen ist. Zu Beginn profitierten allerdings nur etwa 60 Prozent der damals 15’000 Einwohnerinnen und Einwohner davon.
Zu viele Krankheiten und Epidemien
Vor 1875 war das Leben in vielerlei Hinsicht mühseliger. Wer sauberes Wasser wollte, musste dieses kübelweise aus den nächstgelegenen Brunnen holen und heimschleppen. Das grössere Problem war jedoch die Qualität des Wassers. Das war oft verunreinigt, etwa durch Fäkalien von Menschen oder Tieren. Krankheiten und Epidemien setzten der Bevölkerung zu. Auch Wassermangel war oft ein Problem. Also begannen die Verantwortlichen schon im Mittelalter, sich nach einer besseren Lösung umzusehen. Weil man dem Wasser aus dem See aus damals guten Gründen nicht traute, kam der Wunsch nach sauberem Quellwasser auf. In der Folge baute man aus dem Quellgebiet des Kriensertals hölzerne Leitungen bis nach Luzern. 1867 waren 166 private und öffentliche Brunnen mit Quellwasser am Netz angeschlossen. Das Problem des verunreinigten Wassers war damit jedoch noch immer nicht gelöst. Deshalb machte auch das Militär Druck. «Was helfen die besten Waffen, wenn die Soldaten krank sind?», war 1870 in einer Zeitung zu lesen. Und seitens Tourismus hiess es, nur sauberes Quellwasser sei für die Gäste gutes Wasser. Kurzum: Rasches Handeln war gefragt.
Ein Zürcher überzeugte die Luzerner
Rasches Handeln war jedoch kein Merkmal der damaligen Behörden, einem im Nebenamt tätigen Laiengremium. «Die Stadt reagierte erst unter grossem öffentlichem Druck (...). Zuerst scheute sie Mühe und Kosten, danach produzierte sie unbrauchbare Vorschläge», schreibt Fabian Hodel. Also musste es ein Auswärtiger richten: der Zürcher Stadtbaumeister Arnold Bürkli. Er zeigte auf, dass es für Luzern eine zentrale Druckwasserversorgung braucht, die das Quellwasser bis in die Häuser befördern kann. Und dass das Eigental das beste Quellgebiet ist. Jetzt war auch der Stadtrat überzeugt. 1874 begannen die Arbeiten an der Quellwasserfassung, dem Reservoir im Sonnenberg samt 36 Kilometer Zement und Eisenrohrleitungen. Bereits im Oktober 1875 fand die Einweihung statt.
Starkes Bevölkerungswachstum
Das hatte enorme Auswirkungen unter anderem auf die städtebauliche Entwicklung von Luzern. Denn erst die Druckwasserversorgung machte das Wohnen an den höhergelegenen Orten attraktiv: Erstmals konnte auch dorthin das Trinkwasser geleitet werden. Wiederum nur dank dem natürlichen, vom Sonnenberg ausgehenden Gefälle. Ab den 1890erJahren dehnten sich in Quartieren wie Dreilinden, Bramberg, Wesemlin oder Bruchmatt Villen und Mehrfamilienhäuser aus. Die Bevölkerung wuchs nun noch schneller: von 20’000 im Jahr 1880 bis 44’000 im Jahr 1910. Die benötigte Menge an Wasser genügte aber noch immer nicht. Deshalb erschloss man weitere Quellen, etwa im Entlebuch. 1907 entstand zudem das erste Grundwasserwerk zwischen Blatten und Littau und 1966 das erste Seewasserwerk im Würzenbachgebiet. Seither läuft’s. 2001 übertrug die Stadt Luzern die Verantwortung für die Wasserversorgung an ewl.
See-Energie ersetzt Gas und Öl
Das Tolle an dieser Geschichte ist: Eine ähnliche Pionierleistung in Bezug auf Wasser wie damals vor 150 Jahren ist in Luzern auch nun im Gang. Nur geht’s jetzt nicht mehr um die Wasserversorgung, sondern um die Nutzung von See-Energie im Kampf gegen die Klimakrise. Im Februar 2025 haben die Stadt und ewl zusammen das Projekt vorgestellt.
In aller Kürze: Dank einer technischen Meisterleistung ist es möglich, dem See Energie zu entziehen und diese zum Heizen und für den Warmwasserbedarf zu nutzen. Und das nicht zu knapp: See-Energie kann zusammen mit Fernwärme (etwa mit Abwärme von der Kehrichtverbrennungsanlage Renergia) künftig mehr als die Hälfte des Wärmebedarfs der Stadt Luzern klimaneutral abdecken! Hunderte Gas und Ölheizungen können ausgemustert werden.
Damit trägt dieses Projekt wesentlich dazu bei, die ambitionierten Ziele aus der 2022 von der Stadtluzerner Stimmbevölkerung an der Urne klar angenommenen Klima und Energiestrategie zu erreichen. «Eine zentrale Rolle» spiele die Energie aus dem Vierwaldstättersee in Bezug auf die Energiewende, sagt denn auch der zuständige Stadtrat Marco Baumann.
Zuerst sauberes Trinkwasser, jetzt saubere Energie: Luzern ist bereit für den nächsten Quantensprung.
Anlässe und weitere Informationen
Anlässe von ewl zum 150Jahr-Jubiläum
1875 nahm Luzern die zentrale Druckwasserversorgung in Betrieb. Dieses Ereignis feiert ewl mit einem Jubiläum unter dem Motto «150 Jahre Luzerner Trinkwasser»:
- An der Luga (25. April bis 4. Mai 2025) können Interessierte bei einem spannenden Buzzer-Quiz mitmachen und tolle Preise gewinnen.
- Am Stadtfest Luzern (28. Juni 2025) bietet ewl auf dem Mühlenplatz ein Trinkwasser-Tasting an. Eine Sommelière verrät die Unterschiede im Geschmack von Quell, Grund und Seewasser.
- Am Lucerne Live (17. bis 26. Juli 2025) ist eine Kampagne des Luzerner Vereins «Wasser für Wasser» zur Sensibilisierung für nachhaltige Wassernutzung geplant.
Wasser aus Brunnen hat Trinkwasserqualität
Früher war die Wasserqualität in den städtischen Brunnen nicht immer von genügender Qualität. Heute jedoch kann aus jedem der über 210 Brunnen problemlos Wasser getrunken werden. Dieses stammt aber nicht aus dem Eigental, sondern wie früher aus anderen Krienser Quellen. Das Brunnennetz funktioniert unabhängig vom restlichen Leitungsnetz, braucht keinen Strom und kann deshalb in Notfällen die Stadt mit Trinkwasser versorgen. Spannende Informationen dazu finden sich unter www.brunnen.stadtluzern.ch.
Alles zur Klimastrategie
Alles zur städtischen Energiepolitik sowie ein Link zu den häufigsten Fragen und Antworten finden sich auf www.energie.stadtluzern.ch
Interview «Ein Viertel weniger CO2 – das ist gewaltig»
Dank dem See-Energie-Projekt kommen Stadt und ewl der Energiewende entscheidend näher. Im Interview sprechen Stadtrat Marco Baumann und Martin Arnold, Mitglied der Geschäftsleitung bei ewl, über Chancen und Herausforderungen.
Dank innovativer Technik kann See-Energie zusammen mit Fernwärme dereinst etwa die Hälfte des Wärmebedarfs der Stadt abdecken. Welche Bedeutung hat das?
Marco Baumann: Energie aus dem Vierwaldstättersee spielt eine zentrale Rolle bei der städtischen Energiewende. Indem dank dem Anschluss ans See-Energie-Netz Hunderte fossil betriebene Heizungen ersetzt werden, kann der lokale CO2-Ausstoss um rund einen Viertel reduziert werden. Das ist gewaltig. Ohne die See-Energie erreichen wir das Ziel der Klima- und Energiestrategie nicht: Wir wollen bis 2040 keine energiebedingten Treibhausgasemissionen mehr ausstossen. Unter anderem bedingt das eine vollständige Abkehr von Gas- und Ölheizungen.
ewl soll das Projekt im Rahmen der Klima- und Energiestrategie bereits bis 2040 umsetzen – tönt nach einer Mammutaufgabe?
Martin Arnold: Das trifft zu. Die Herausforderung besteht nicht nur darin, das Netz heute zu planen und zu bauen, sondern es so zu gestalten, dass es auch den Bedürfnissen in 40 Jahren noch gerecht wird. Unser Ziel ist klar: Wir stellen sicher, dass wir in der Stadt Luzern umweltfreundlich und verlässlich warme Stuben und heisses Wasser haben. Für unsere zukünftigen Kundinnen und Kunden bietet See-Energie viele Vorteile: Sie nutzen eine ökologische und regionale Wärmequelle mit hoher Betriebs- und Versorgungssicherheit, gehen kein Investitionsrisiko ein, und ewl übernimmt Betrieb sowie Unterhalt. Zudem ist die Lösung platzsparend und geräuscharm – eine nachhaltige Wärmeversorgung für Luzern.
Im Februar 2025 haben Stadt und ewl über die geeignetsten Standorte für die fünf geplanten See-Energie-Zentralen informiert. Das scheint ein komplexer Prozess gewesen zu sein?
Marco Baumann: Ja, und er ist noch nicht abgeschlossen. Diese Zentralen sind die Kernelemente des ganzen Projekts. Wir sind zwingend darauf angewiesen, sie zeitnah realisieren zu können. Dabei reden wir hier von unterirdischen Bauten, die bis zu 40 mal 80 Meter gross werden könnten. In unserem dicht bebauten und genutzten Siedlungsgebiet ist es unmöglich, solche grossen Zentralen so zu bauen, dass sich während der Bauzeit niemand dran stört. Bei der Auswahl der Standorte der Energiezentralen fand eine umfassende Interessenabwägung statt. Eine geringe Anzahl von Zielkonflikten war ein bedeutendes Kriterium für die Wahl der möglichen Standorte. Wichtig waren etwa die Nähe zum See, die Erschliessbarkeit mit den Leitungen sowie die rasche und mit anderen städtebaulichen Prozessen abgestimmte Umsetzung.
Martin Arnold: Dabei war es zentral, städtische und kantonale Fachstellen sowie verschiedene Naturschutz- und Planerverbände bei der Suche nach geeigneten Standorten einzubeziehen. So konnten wir die verschiedenen Interessen abholen und aufeinander abstimmen. Schliesslich haben wir aus ursprünglich 100 Standorten 40 Optionen vertieft geprüft. Daraus kristallisierten sich die fünf besonders geeigneten Standorte heraus. Nebst dem Dialog mit den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern war uns auch der Einbezug der Nutzenden sowie der Quartiervereine wichtig.
An allen Standorten müssen während der zweijährigen Bauzeit die dortigen Nutzenden ausweichen. Betroffen sind vorab Sportvereine. Gibt es für alle einen Eins-zu-eins-Ersatz?
Marco Baumann: Ersatzlösungen für die bestehenden Nutzungen während der rund zweijährigen Bauphase sind in Erarbeitung. Wir sind bestrebt, allen Betroffenen einen guten Ersatz zu bieten. Aber ganz ohne Einschränkungen wird es sicher nirgends gehen. Für den Standort Wartegg etwa soll ein neues, dauerhaftes Kunstrasenspielfeld innerhalb der Sportanlage Tribschen erstellt werden. Damit kann die wegfallende Spielkapazität während der Bauphase teilweise kompensiert werden. Plätze mit Kunstrasen können viel intensiver genutzt werden. Somit realisieren wir dort auch eine langfristige Verbesserung für die Nutzenden. Die Stadt ist mit dem SC Obergeissenstein, dem FC Kickers und der Schule Wartegg im Gespräch.
Negative Auswirkungen, etwa auf das Ökosystem des Sees, hat das Projekt nicht?
Martin Arnold: Nein. Wir achten sehr darauf, den Vierwaldstättersee als wertvollen Lebensraum zu schützen. Die geplante Nutzung des Seewassers zur Energiegewinnung hat laut einer Untersuchung der EAWAG (Wasserforschungsinstitut der Eidgenössischen Technischen Hochschule ETH) keine schädlichen Folgen für die Natur im Vierwaldstättersee und in der Reuss. Das Seewasser kann also als umweltfreundliche, regionale Energiequelle genutzt werden.
Tönt nach einer eierlegenden Wollmilchsau – warum nutzt man die Technik erst jetzt im grossen Stil?
Martin Arnold: Bislang waren Gasheizungen die günstigere und einfachere Lösung. Zudem konnte jede Liegenschaft individuell entscheiden, wie sie heizen möchte. Doch um die Klimaziele zu erreichen, braucht es gemeinsame Lösungen – vor allem in der dicht bebauten Innenstadt. Die Technologie zur Nutzung von See-Energie hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt, und wir sind in Luzern früh dabei, sie in grossem Massstab umzusetzen. Deshalb investiert ewl rund eine Milliarde Franken in dieses Generationenprojekt. Wichtig zu erwähnen: Damit die Energiewende gelingt, braucht es das Engagement der Stadt, der Politik und der Bevölkerung. Nur gemeinsam können wir erneuerbare Wärme flächendeckend umsetzen.
Und warum versorgt man nicht gleich die ganze Stadt mit See-Energie?
Marco Baumann: Das Netz ist so zu planen, dass es durch ewl langfristig wirtschaftlich betrieben werden kann. Nur dadurch bleibt die Wärmeversorgung für die Kundinnen und Kunden bezahlbar. An Grenzen stossen wir speziell in höher gelegenen Bereichen der Stadt. Dort wäre ein Anschluss technisch oder wirtschaftlich oft nicht sinnvoll. Andere Technologien wie Erdsonden-Wärmepumpen sind dann meist die bessere Wahl. See-Energie soll also insbesondere dort zur Verfügung stehen, wo andere klimafreundliche Technologien schwer zu realisieren sind. Um bei Bedarf aber auch die Erschliessung wirtschaftlich schwieriger Gebiete zu ermöglichen, können wir uns situativ Beiträge an die Investitionskosten von ewl vorstellen.
Welches sind die nächsten Schritte?
Marco Baumann: Nach dem wichtigen Entscheid über die Weiterverfolgung der geeignetsten Zentralen-Standorte konkretisieren Stadt und ewl die Planung. Die technische Machbarkeit sowie die städtebaulichen Studien werden voraussichtlich bis Mitte 2025 vorliegen. Es ist zu erwarten, dass ab der Standortsicherung etwa vier Jahre vergehen werden, bis die ersten neuen See-Energie-Zentralen und Abschnitte des Wärmenetzes in Luzern in Betrieb genommen werden können. Ich freue mich schon jetzt auf diesen Augenblick. Die Vorstellung, dass wir zusammen mit ewl dank dieser lokalen, klimafreundlichen Energie dereinst für so viele warme Stuben sorgen können, finde ich grossartig.
Weitere Informationen zur Planung und Umsetzung
Viele Schritte bis zur Umsetzung
Dieses Generationenprojekt ist nicht zu vergleichen mit Projekten wie zum Beispiel einem Hausbau. Denn das See-Energie-Projekt zieht sich über 15 Jahre hin. Es muss Schritt für Schritt immer wieder neu konkretisiert werden. Anspruchsvoll machen es auch die sehr vielen Abhängigkeiten zu anderen Nutzungen und die vielen involvierten Personen und Parteien.
Komplexe Umstände
Die Standortfrage war ein erster zentraler Schritt. Zu weiteren gehören: die technischen Anforderungen pro Standort zu klären, die Wirtschaftlichkeit dieser Umsetzung zu prüfen, den Natur- und Landschaftsschutz einzuhalten, die städtebauliche Einbettung der Hochbauten sowie die Leitungsführung der Zu- und Rückleitungen des Wärmenetzes durch den dicht genutzten Untergrund im Strassennetz zu planen. Auch muss der Bau der rund 60 Kilometer Leitungen mit anderen Vorhaben im Bereich Mobilität, Klimaanpassung (Schwammstadtprinzip) und anderen Drittprojekten gut abgestimmt werden.
Website zeigt Stand an
Der aktuelle Stand der Planung der thermischen Netze für die Stadt Luzern ist auf der städtischen Website klimafreundlichheizen.ch abgebildet. Die dort dargestellten Versorgungsperimeter und Termine werden mit den Erkenntnissen aus den Machbarkeitsstudien voraussichtlich Mitte 2025 aktualisiert. Auf dieser Website können sich Liegenschaftsbesitzende, Fachplanende und Interessierte auch für einen Newsletter anmelden.
Wo die Zentralen entstehen und wie sie funktionieren
Mit fünf Grad warmem Seewasser fast die halbe Stadt heizen – tönt wie ein Märchen, wird aber Realität. Wie das geht und welche Standorte für die benötigten Energiezentralen vorgesehen sind – das «Stadtmagazin» klärt auf.
Es war ein Meilenstein, als Stadt und ewl Energie Wasser Luzern kürzlich gemeinsam vor die Medien traten. Nach umfangreichen Abklärungen konnten sie über die Standortevaluation zu den Zentralen für das Projekt «See-Energie» informieren. Diese Zentralen sind die Kernelemente des gesamten Projekts: ohne genügend grosse unterirdische Zentralen keine See-Energie. Eine erste solche Zentrale gibt es seit rund 35 Jahren beim Inseli. Von dort aus werden Gebäude rund um den Bahnhof mit erneuerbarer Wärme versorgt, darunter auch das KKL Luzern. Aktuell wird die Versorgung in Richtung der Quartiere Tribschen und Kleinstadt ausgebaut.
Um aber, wie geplant, mit Fernwärme und See-Energie dereinst die Hälfte des gesamten Wärmebedarfs (für Heizungen und Warmwasser für Küche, Bad usw.) der Stadt Luzern abzudecken, sind neue Zentralen zwingend erforderlich.
«Wichtiger Zwischenschritt»
Fünf Zentralen-Standorte haben Stadt und ewl identifiziert: drei grosse in Seenähe — Wartegg, Halde, Würzenbach - und zwei kleinere in der Innenstadt. «Dies ist ein wichtiger Zwischenschritt, um nun die nötigen Vorarbeiten gemeinsam mit ewl sowie den betroffenen Grundeigentümer*innen abschliessen zu können», sagt Umwelt- und Mobilitätsdirektor Marco Baumann.
Linkes Seeufer benötigt drei Zentralen
Das linke Seeufer ist das grösste der drei Versorgungsgebiete. Es beinhaltet Teile der Quartiere Längensand, Sternmatt, Obergrund, Neustadt, Hirschmatt, Bruch sowie Basel-/Bernstrasse. Um all diese Gebiete zu versorgen, sind deshalb mehrere Zentralen nötig: eine grosse See-Energie-Zentrale sowie zwei etwas kleinere Energiezentralen. Die neue See-Energie-Zentrale Wartegg soll gleich neben der Tribschenbadi entstehen. Für diesen Standort wird eine Fläche von 2500 Quadratmetern im Untergrund des Kunstrasens Wartegg West weiterverfolgt. Die Standorte der dazugehörigen Energiezentralen befinden sich im Gebiet Kleinmatt bei der Feuerwehr (die genaue Platzierung wird anhand eines laufenden Dialogverfahrens festgelegt) und im Bruchquartier. Hier soll die Energiezentrale unterirdisch in die Sportanlage integriert werden.
Rechtes Seeufer: Zentrale unter Tennisplatz
Für das rechte Seeufer wird ein Standort unter den beiden Tennisplätzen des Tennisklubs Tivoli weiterverfolgt. ewl vertieft die Planung sowie die Gespräche mit den Betroffenen. Erschlossen werden von hier aus Gebäude in Teilen der Quartiere Halde, Bellerive, Wesemlin, Hochwacht und Maihof.
Würzenbach: Zentrale unter Carparkplatz
Im Würzenbachquartier ist aktuell eine unterirdische See-Energie-Zentrale unter dem Carparkplatz Brüelmoos vorgesehen. Von hier aus sollen Gebäude in Teilen der Quartiere Würzenbach und Oberseeburg mit Wärme versorgt werden.
Diese fünf Standorte haben sich im Rahmen einer detaillierten Standortanalyse als die geeignetsten herausgestellt. Sollte ein Zentralen-Standort nicht umgesetzt werden können, müssten Alternativstandorte geprüft werden. Diese bringen, Stand heute, allerdings mehr Interessenkonflikte mit sich und lassen sich nicht gleich schnell umsetzen.
Ersatzlösungen für alle während der Bauzeit
Die Bauzeit dauert pro Zentrale etwa zwei Jahre. Allen betroffenen Nutzenden sollen Ersatzlösungen angeboten werden. Mit allen sind Stadt und ewl im Dialog. Für den Standort Wartegg etwa soll in der Nähe ein neues Kunstrasenspielfeld erstellt werden. Beim Carparkplatz Brüelmoos wird eine Ersatzlösung auf den Parkplätzen Brüelmoos, Lido oder Churchill-Quai angestrebt. Auch beim Tennisklub Tivoli werden aktuell Lösungen erarbeitet.
So funktioniert See-Energie
Innovative und komplexe Technik macht die Nutzung von See-Energie erst möglich. Anhand unserer Illustration kann die Funktionsweise erklärt werden: In einer Tiefe von zirka 30 bis 40 Metern beträgt die Wassertemperatur das ganze Jahr hindurch rund fünf Grad. In dieser Tiefe wird nun über eine Leitung (1) Seewasser in die grosse See-Energie-Zentrale (2) geführt. Dort entzieht ein Wärmetauscher dem Seewasser Wärme und übergibt die Wärme an ein separates Rohrleitungsnetz (3). Das um drei Grad abgekühlte Seewasser wird danach zurück in den See geleitet (1). Das Wasser, das im Rohrleitungsnetz (3) zirkuliert, wird nun zur kleineren Energiezentrale (4) geführt. Die dortigen Wärmepumpen werden mit der aufgenommenen Energie versorgt. Die Wärmepumpen produzieren damit heisses Wasser, welches schliesslich über ein Leitungsnetz (5) in die Gebäude (6) zur Kundschaft geführt wird. Dort wird es via Wärmetauscher zum Heizen von Liegenschaften und zur Produktion von Warmwasser für Dusche, Küche usw. verwendet. Oberirdisch werden einzig die Material- und Personen-Zugänge samt Lüftungsschächten (7) zu sehen sein.
Wichtig zu wissen
Der hier aufgezeigte Prozess zeigt die Situation des Versorgungsgebiets linkes Seeufer auf. Dort braucht es zwei zusätzliche Energiezentralen, weil das Versorgungsgebiet so gross ist.
Es werden aber auch direkt von der See-Energie-Zentrale Wartegg aus Gebäude mit heissem Wasser beliefert. Deshalb findet der hier beschriebene Prozess von (1) bis (6) auch innerhalb der Zentrale Wartegg statt. Das Gleiche gilt für die beiden anderen See-Energie-Zentralen Halde und Würzenbach.
Klingt kompliziert? Vielleicht - aber das Ergebnis spricht für sich: nachhaltige Wärme direkt aus dem See, ganz ohne fossile Brennstoffe!
Beratung
Vorgehen bei Heizungsersatz
Bis die ersten Gebäude an das See-Energie-Netz angeschlossen sind, dauert es etwas: Von der Standortsicherung einer Zentrale bis zum Start etwa vier Jahre. Wer seine Gas- oder Ölheizung ersetzen möchte, dem empfehlen Stadt und ewl zu warten, bis der Anschluss im entsprechenden Gebiet verfügbar ist.
Kostenlose Beratung
Kann die Heizung nicht mehr so lange mit Reparaturen in Betrieb gehalten und muss ersetzt werden, sind die gesetzlichen Vorgaben von Stadt und Kanton Luzern zu beachten. Hier den Durchblick zu behalten, ist nicht ganz einfach. Die Umweltberatung Luzern bietet unkomplizierte und kostenlose Unterstützung: www.umweltberatung-luzern.ch.