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17. Oktober 2011
Die Stadt Luzern verstärkt die Massnahmen gegen die Strassenprostitution. Die Strassenprostitution soll an Strassen und Plätzen verboten werden, an denen Häuser stehen, die nicht ausschliesslich Geschäftszwecken dienen. Im Sinne einer Sofortmassnahme werden zudem ab kommendem Freitag die von der Strassenprostitution am stärksten betroffenen Strassenzüge mit Nachtfahrverboten belegt. Damit setzt der Stadtrat auch politische Vorstösse um.
In der Stadt Luzern ist seit einem halben Jahr eine stetige Zunahme der Strassenprostitution feststellbar. Dies führt zu unerwünschten Nebenerscheinungen wie Nachtruhestörungen und Verschmutzungen. Aus diesem Grund ergreift die Stadt Luzern ab sofort verschiedene Massnahmen.

Sofortmassnahmen
Ab Freitag, 21. Oktober 2011, wird als Pilotversuch während 60 Tagen an der Werkhofstrasse, der Dammstrasse und bei der Einfahrt in die Reussinsel nachts Fahrverbot herrschen. Die Zu- und Wegfahrt für Anwohnende sowie der Zubringerdienst sind wie bisher rund um die Uhr gestattet. Weiter wird die Reinigung in den durch die Strassenprostitution am meisten betroffenen Gebieten intensiviert.

Anwohnende entlasten
Mit den Nachtfahrverboten sollen die momentan am meisten betroffenen Anwohnenden in der Rösslimatte und im Raum Kreuzstutz entlastet werden. Die Fahrverbote werden durch die Luzerner Polizei kontrolliert. Es muss allerdings damit gerechnet werden, dass sich die Strassenprostitution in andere Gebiete verschiebt. Die Auswirkungen des Versuchsbetriebs werden beobachtet. Wenn nötig werden Anpassungen vorgenommen. Die Erfahrungen aus dem Pilotversuch sind wegweisend für das weitere Vorgehen. Dank den Fahrverboten kann der Autoverkehr der suchenden Freier gelenkt und dadurch Einfluss auf die Standorte der Sexarbeiterinnen genommen werden. Um gegen die Verschmutzung vorzugehen, wird während des Versuchsbetriebs im Rösslimattgebiet öfter als im üblichen Turnus gereinigt. Gleichzeitig werden an den neuralgischen Orten zusätzliche Abfallbehälter aufgestellt. Mit diesen Sofortmassnahmen sollen kurzfristig vorwiegend die unerwünschten Nebenerscheinungen für die Anwohnenden (Nachtruhestörungen durch Freiersuchverkehr, Lärm der Sexarbeiterinnen, Verschmutzung der Umgebung) reduziert werden.

Neues Reglement ab Frühling 2012
Zusätzlich zu den Sofortmassnahmen wurde unter Führung der Direktion Umwelt, Verkehr und Sicherheit ein neues Reglement über die Strassenprostitution erarbeitet. Das Parlament wird voraussichtlich am 1. Dezember 2011 darüber befinden.

Das neue Reglement sieht Sperrzonen vor, in denen Strassenprostitution weder angeboten noch nachgefragt werden darf:
a) an Strassen und Plätzen, an denen Häuser stehen, die nicht ausschliesslich Geschäftszwecken dienen
b) an Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel während deren Betriebszeiten
c) in und unmittelbar bei öffentlichen Anlagen
d) in der Nähe von Kirchen, Schul- und Sportanlagen sowie von Heimen und Alterssiedlungen.

Der Stadtrat kann Ausnahmen (Toleranzzonen) vom Verbot bestimmen. Ausserhalb der Sperrzonen ist das Anbieten und Nachfragen der Strassenprostitution gestattet. Der Kanton hat zugesichert, die Stadt beim Vollzug des Reglements betreffend die Strassenprostitution zu unterstützen.

Der Kanton Luzern plant aktuell ein Prostitutionsgesetz mit dem Ziel, die Gesundheits- und Sicherheitssituation der Sexarbeiterinnen zu verbessern. Um die städtischen Interessen einzubringen, ist die Stadt Luzern in dessen Erarbeitung beteiligt.

Geprüfte weitere Massnahmen: Laufhaus und Verrichtungsboxen
Zur Eindämmung der Strassenprostitution wurden auch Massnahmen wie ein Laufhaus oder Verrichtungsboxen geprüft. Beide Massnahmen haben sich für die Stadt Luzern als wenig zweckmässig oder nicht realisierbar herausgestellt. In einem sogenannten Laufhaus gehen die Freier durch die Gänge statt auf der Strasse herumzufahren und entscheiden sich innerhalb des Hauses für eine der Sexarbeiterinnen, die sich in ihren angemieteten Zimmern präsentieren. Ein Laufhaus bietet den Freiern folglich nicht die gleiche Anonymität wie der (Auto-) Strassenstrich. Der Stadtrat erachtet aufgrund nicht identischer Kundschaft ein Laufhaus nicht als Ersatz für den Strassenstrich. Zwar bietet ein Laufhaus den Frauen besseren Schutz und bessere Arbeitsbedingungen. Diese Ziele sollen aber auch mit entsprechenden Bestimmungen im geplanten kantonalen Prostitutionsgesetz erreicht werden.

In Verrichtungsboxen, ähnlich einer Garage, fahren Freier mit ihren Autos hinein und können dort geschützt vor fremden Blicken mit einer Prostituierten verkehren. Erstmals wurden solche Boxen in Utrecht (NL) aufgestellt. Der Strassenstrich konnte dadurch auf ein kontrolliertes Gelände verlagert werden, zu welchem Zuhälter und Drogendealer keinen Zutritt haben. Die Gewalt gegen Prostituierte ging deutlich zurück. Die Stadt Zürich will 2012 einen Strichplatz mit Verrichtungsboxen einrichten. Grundvoraussetzung für das Aufstellen von Verrichtungsboxen ist ein Strichplatz. In der Stadt Luzern wurden diverse Standorte hinsichtlich der Einrichtung eines Strichplatzes geprüft. Es bietet sich jedoch kein Areal an, das als Strichplatz genutzt werden könnte. Zudem ist die Zahl der Prostituierten auf dem Strassenstrich in Luzern bedeutend geringer. Der Stadtrat verzichtet deshalb auf diese Massnahme.
 
Strassenprostitution: In der Schweiz legal

Strassenprostitution ist in der Schweiz eine legale Tätigkeit. Sie steht unter dem Schutz der Wirtschaftsfreiheit und darf deswegen nicht gänzlich verboten werden. Um Nutzungskon­flikte zwischen der Wohnbevölkerung, den Freiern und den Sexarbeiterinnen zu reduzieren, kann sie allerdings örtlich und zeitlich eingeschränkt werden. Solche Einschränkungen müssen jedoch verhältnismässig sein. So wäre es der Stadt Luzern nicht möglich, Strassenprostitution beispielsweise nur auf einem einzigen städtischen Strassenabschnitt von 500 Metern während zwei Stunden am Tag zu erlauben. Mit dem «Reglement über die Strassenprostitution» ver­folgt der Stadtrat das Ziel, das Anbieten wie auch das Nachfragen nach käuflichem Sex in Wohngebieten zu verbieten. Sexarbeiterinnen und die Freier machen sich an diesen Orten strafbar. Mit diesem Reglement werden auch für die Polizei die rechtlichen Grundlagen ge­schaffen, um entsprechend gegen die Strassenprostitution vorgehen zu können.
 
Die wichtigsten Gesetzesbestimmungen

Die ersten beiden Artikel des städtischen Reglements über die Strassenprostitution lauten:

Art. 1 Zweck und Geltungsbereich
¹ Mit diesem Reglement soll der Schutz der Anwohnenden vor den negativen Auswirkungen der Strassenprostitution und die Sicherheit von Prostituierten erhöht werden, die im öffentli­chen Raum käuflichen Sex anbieten.  

² Dazu kann der Stadtrat ausserhalb der Sperrzonen und in allfälligen Toleranzzonen für eine geeignete Infrastruktur besorgt sein und Beratungs- und Betreuungsangebote für Pros­tituierte unterstützen.  

Art. 2 Sperr- und Toleranzzonen
¹ Käuflicher Sex darf unter Vorbehalt von Absatz 2 weder angeboten noch nachgefragt wer­den:
a) an Strassen und Plätzen, an denen Häuser stehen, die nicht ausschliesslich Geschäftszwe­cken dienen
b) an Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel während deren Betriebszeiten
c) in und unmittelbar bei öffentlichen Anlagen
d) in der Nähe von Kirchen, Schul- und Sportanlagen sowie von Heimen und Alterssiedlun­gen.
² Der Stadtrat kann Ausnahmen (Toleranzzonen) vom Verbot gemäss Absatz 1 bestimmen.
³ Ausserhalb der Sperrzonen gemäss Absatz 1 ist das Anbieten und Nachfragen der Strassen­prostitution gestattet.
  • Strassenprostitution - Reglement und flankierende Massnahmen (Bericht und Antrag 21/2011)
  • Prostitution in Luzern (Postulat 218)
  • Stellungnahme des Stadtrates zum Postulat 218
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