Tablets und Handys bieten mit Apps und Games eine Vielzahl von Austausch- und Unterhaltungsmöglichkeiten und erleichtern den Familienalltag. Dies spiegelt sich auch in der hohen Nutzungsquote wieder. Mehr als die Hälfte der Kinder und über 80 Prozent der Eltern nutzen diese regelmässig (MIKE-Studie 2017). Das wirkt sich gemäss JAMESfocus Studie (2013) auf das Familienklima aus. Umgekehrt kann sich das Familienklima auch auf die Mediennutzung auswirken. Bereits bei Kleinkindern zeigen sich etwa laut BLIKK-Studie (2018) enge Zusammenhänge zwischen dem Gebrauch digitaler Medien der Eltern und Entwicklungsauffälligkeiten wie Sprachentwicklungsstörungen, Hyperaktivität und Konzentrationsstörungen. So weist rund ein Drittel der 5-jährigen, welche mindestens 30 Minuten täglich am Smartphone verbringen, eine Sprachentwicklungsstörung auf. Dies sind deutlich mehr, als mit einer vergleichbaren Fernsehnutzungsdauer einhergehen, nämlich rund ein Fünftel. Die Thematik ist vielfältig, kontrovers und aktuell. Die Fachtagung setzte Impulse und stellte wichtige Fragen.
Die Fachpersonen waren sich einig, dass sich im Zuge der Digitalisierung viele Chancen bieten, Entwicklungen aber stets auch mit Risiken einhergehen. Gerade im Kontext der Familie sollte die digitale Welt nicht verurteilt, sondern reflektiert und bewusst in den Alltag integriert werden. Sophie Mützel, Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Medien und Netzwerke an der Universität Luzern, stellt fest, dass Beziehungen vermehrt öffentlich gelebt werden. War der öffentliche Raum früher beispielsweise der Pausenplatz, so finden heute viele Interaktionen immer öfters digital statt. Diese veränderten Umstände führen zu neuen Herausforderungen: «Wir befinden uns inmitten einer digitalen Transformation. Wir müssen neue Praktiken und Regeln des sozialen Miteinander finden, die neue Arten des Lernens, Wachsens und Miteinanderseins ermöglichen können.»
Daniel Süss, Professor für Medienpsychologie an der ZHAW und für Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt Mediensozialisation und Medienkompetenz an der Universität Zürich, gab zu bedenken, dass trotz der Nutzung digitaler Medien auch die analoge Welt hoch im Kurs bleibt: «Kinder und Jugendliche nutzen in ihrem Alltag intensiv digitale Medien. Dennoch spielen sie weiterhin am liebsten mit ihren Freundinnen und Freunden in direkten Begegnungen.» Es sei wichtig, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Dies könne auch für Eltern bedeuten, regelmässig und bewusst offline zu gehen, um Raum für direkte Begegnungen zu schaffen.
Auch Roger Häfeli, Leiter ad interim der Abteilung Kinder Jugend Familie bei der Stadt Luzern, gab zu bedenken: «Beratungspersonen unserer Abteilung stellen vermehrt fest, dass Kinder teils viel Aufwand betreiben müssen, um die Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu ergattern. Oftmals stehen die Kinder dabei in Konkurrenz zu den Smartphones ihrer Eltern. Gleiches gilt auch umgekehrt.»
Die Stadt bietet Unterstützung
Die Abteilung Kinder Jugend Familie der Stadt Luzern ist Kompetenzzentrum und Anlaufstelle für sämtliche Anliegen rund um die Thematik Familie. Sie bietet Kindern, Jugendlichen und Familien ein umfangreiches Unterstützungsangebot zu Themen wie Erziehung, Freizeitgestaltung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für Roger Häfeli ist denn auch klar: «Es ist unsere Aufgabe, den digitalen Einfluss zu thematisieren und Familien darauf zu sensibilisieren. Gerade für die sprachliche, aber auch kognitive Entwicklung ist direkte Interaktion und ungeteilte Aufmerksamkeit von grosser Bedeutung.»
Die Referierenden und Podiumsteilnehmenden an der Tagung waren:
- Prof. Sophie Mützel, PhD, Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Medien und Netzwerke an der Universität Luzern
- Prof. Dr. Daniel Süss, Professor für Medienpsychologie an der ZHAW und für Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt Mediensozialisation und Medienkompetenz an der Universität Zürich
- Ursula Zürcher, Mütter- und Väterberaterin HFD und Teamleiterin bei der Mütter- und Väterberatung Region Luzern
Name | |||
---|---|---|---|
Fachtagung Soziale Medien und Familie Medienmitteilung 09.05.2019.pdf (PDF, 193.14 kB) | Download | 0 | Fachtagung Soziale Medien und Familie Medienmitteilung 09.05.2019.pdf |