Die bei den Sozialen Diensten der Stadt Luzern geplanten Massnahmen «Jahresdeklaration» und «Einzelfallrevision» sind der Einhaltung der qualitativen Standards in der wirtschaftlichen Sozialhilfe zuzuordnen. Die Massnahme «Umstellung von Poolkonto auf Einzelkontoführung» ist eine gesetzliche Vorgabe im Bereich Erwachsenenschutz.
Umstellung von Poolkonto auf Einzelkontoführung
Das aktuelle Kindes- und Erwachsenenschutzrecht stammt aus dem Jahr 2013. Es fordert unter anderem einen Systemwechsel betreffend Verwaltung der Gelder der Klientinnen und Klienten. Bisher werden die Gelder der verbeiständeten Personen in einer Art Sammelkonto (Poolkonto) verwaltet. Alle Ein- und Auszahlungen der Gelder werden heute über dieses Poolkonto abgewickelt. Rechnungen oder offene Forderungen, wie zum Beispiel eine unmittelbar fällige Rechnung, werden mittels Poolkonto gedeckt – unabhängig davon, ob das Guthaben der entsprechenden Person diese Ausgabe aktuell decken kann oder nicht. Das Guthaben kann zum Beispiel nicht ausreichend sein, weil eine Rente oder anderes regelmässiges Einkommen noch nicht eingetroffen ist. Diese Bevorschussung ist aufgrund der Verordnung über die Vermögensverwaltung im Rahmen der Beistandschaft oder Vormundschaft (VBVV) nicht mehr zulässig. Begründung: Alle Klienten-Gelder müssen über ein eindeutig zugeordnetes Konto pro Klientin beziehungsweise Klient bei einer Bank verwaltet werden. Das hat Auswirkungen auf die Sozialhilfe: Da eine Bevorschussung im bisherigen Rahmen nicht mehr erlaubt ist, müssen unmittelbar fällige Rechnungen via Antrag auf Sozialhilfe beglichen werden. Der deswegen anfallende Mehraufwand im Bereich Existenzsicherung der Sozialhilfe kann nur mit zusätzlichen personellen Ressourcen bewältigt werden.
Jahresdeklaration
Die sogenannte Jahresdeklaration ist ein Kontroll- und Qualitätssicherungsinstrument. Sie unterstützt die rechtskonforme Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen und beugt eventuellem Missbrauch von Sozialhilfebezug vor. Ziel der jährlichen Anspruchsüberprüfung ist es, einem allfälligen Missbrauch von Sozialhilfegeldern systematisch entgegenzutreten und alle möglichen subsidiären Leistungen zugunsten der Sozialhilfebeziehenden geltend zu machen. Subsidiäre Leistungen sind beispielsweise Prämienverbilligungen oder vorhandenes Einkommen oder Vermögen. Bei Bedarf werden Rückerstattungen eingefordert. Die Jahresdeklaration wurde seit einigen Jahren praktiziert. Im Kontext der Missbrauchsbekämpfung wurden die Kontrollmassnahmen in den letzten Jahren intensiviert. Dies führte zu einem Mehraufwand. Aufgrund einer hohen Personalfluktuation musste die systematische Anspruchsüberprüfung ausgesetzt werden. Der Prozess konnte nach rund einem Jahr mit zusätzlichen, bis Ende 2021 befristeten Stellenprozenten wiederaufgenommen werden. Seither konnten unrechtmässige Bezüge von wirtschaftlicher Sozialhilfe von rund 130'000 Franken eingefordert werden. Die Jahresdeklaration wird den Sozialdiensten von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) zur Qualitätssicherung sehr empfohlen. Sie ist Usus in den grösseren Städten der Schweiz. Kommt hinzu: Wenn der Grosse Stadtrat die Überführung der befristeten in unbefristete Stellen bewilligt, unterstützt er gleichzeitig Vorgabe des kantonalen Sozialhilfegesetzes.
Einzelfallrevision
Die Einzelfallrevision ist ein weiterer bewährter Bestandteil eines griffigen Qualitäts- und Risikomanagements im Bereich Existenzsicherung. Dabei werden Sozialhilfedossiers systematisch nach ausgewählten Kriterien geprüft. Im Unterschied zur Jahresdeklaration findet diese Prüfung «sur Dossier» und nicht in Zusammenarbeit mit den betroffenen Personen statt. Die Einzelfallrevision wurde vom Stadtrat im Rahmen eines Pilotprojekts befristet bis Ende 2022 bewilligt. Für die Weiterführung und definitive Einführung der Einzelfallrevision ab 2023 soll die befristete Stelle in eine Festanstellung überführt werden. Die systematische Überprüfung der Sozialhilfedossiers gibt Auskunft über Stärken und Mängel in der Fallführung der Mitarbeitenden sowie mögliche Verbesserungsmassnahmen. Sie trägt damit massgeblich auch zur Professionalisierung der Mitarbeitenden bei. Die Einzelfallrevision ist nicht zwingend im Sozialhilfegesetz vorgesehen, wird aber – analog zur Jahresdeklaration – von der SKOS empfohlen.
Antrag
Der Grosse Stadtrat wird voraussichtlich am 25. November 2021 über den Bericht und Antrag «Umsetzung gesetzlicher Vorgaben und Standards in den Sozialen Diensten» beraten. Der Stadtrat beantragt beim Grossen Stadtrat einen Sonderkredit für die Umwandlung von befristeten in unbefristete Stellen und Pensenaufstockungen über 370'000 Franken für das Jahr 2022 und von 510'000 Franken jährlich für die Folgejahre.
Link:
Bericht und Antrag 34/2021 "Umsetzung gesetzlicher Vorgaben und Standards bei den Sozialen Diensten"
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Umsetzung Vorgaben und Standards Soziale Dienste Medienmitteilung 19.10.2021 (PDF, 283.07 kB) | Download | 0 | Umsetzung Vorgaben und Standards Soziale Dienste Medienmitteilung 19.10.2021 |
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Sozialzentrum Rex |