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18. April 2011
Jurybericht

Seit dem 1. September 2001 unterhält der Verein Städtepartnerschaft Luzern–Chicago in Zusammenarbeit mit Stadt und Kanton Luzern sowie mit Unterstützung von privaten Sponsoren in Chicago ein Wohnatelier, das Luzerner Kulturschaffenden zur Verfügung gestellt wird. Die Belegung des Ateliers für die Jahre 2012 und 2013 wurde Anfang dieses Jahres ausgeschrieben. Die Ausschreibung richtete sich an Kulturschaffende aller Sparten aus dem Kanton Luzern.

Bis zum 31. März 2011 wurden 42 Bewerbungen eingereicht. Zur Beurteilung der Eingaben wurde eine Fachjury mit Vertreterinnen und Vertretern von Stadt, Kanton und Verein gebildet. Viele der Bewerberinnen und Bewerber skizzierten in ihren Dossiers spezifische Ideen und Projekte für den Chicago-Aufenthalt. Neben künstlerischer Qualität sowie professioneller und kontinuierlicher Auseinandersetzung mit dem eigenen Tätigkeitsfeld bewertete die Jury auch das Potenzial gezielter Auseinandersetzung und nachhaltiger Beziehungen mit der Gaststadt Chicago.

Vergeben wurde je ein viermonatiger Atelieraufenthalt in Chicago an folgende Kulturschaffende:

Arno Troxler (1979)
Der Drummer Arno Troxler ist in den unterschiedlichsten musikalischen Genres zu Hause. Er begleitet Singer-Songwriter, ist Teil eines Jazz-Piano-Trios und spielt improvisierte Musik. In Chicago plant Arno Troxler, den Hip Hop und Rap aufzuspüren und diese Genres in seine Musik einzubauen. Die Suche nach dem Unbekannten, die Neugier, das Wagnis stehen für den Musiker im Vordergrund.
Als neuer Festivalleiter des Jazzfestivals Willisau hat Arno Troxler bereits in seiner ersten Programmierung 2010 der «Lucerne-Chicago-Connection» eine Plattform gegeben. Mit seinem Aufenthalt in Chicago wird er sein Netzwerk ausbauen, die lokalen Musikszenen aufsuchen und so auch dem renommierten Festival in Willisau neue Impulse geben können.
Mit dem Stipendium an Arno Troxler würdigt die Jury seine musikalische und persönliche Vielseitigkeit und rückt ihn und sein Schlagzeug vom hinteren Bühnenrand in den Vordergrund.

André Schürmann (1963)
Der in Luzern seit mehr als 10 Jahren aktive Kulturvermittler von Literatur mit performativem Charakter (Poetry Slam, Lyrik, Lautposie), André Schürmann, erhält die Möglichkeit, zum Entstehungsort des Poetry Slam vorzudringen. Seine bereits bestehenden Kontakte zur Chicagoer Spoken-Word-Szene werden durch das Stipendium intensiviert, wobei sich die Jury vorstellen kann, dass ein neues Austauschprojekt, ähnlich der «Lucerne-Chicago-Connection», im Bereich Spoken Word entsteht. Die Suche nach aktuellen Strömungen und das Aufdecken von Trends dürften künftig in die Kulturvermittlungstätigkeit in, und über Luzern hinaus, einfliessen.
Chicago als Quelle der Inspiration wird André Schürmann auch in seinem eigenen Schreiben beeinflussen: Sein kontinuierliches künstlerisches Schaffen ist einer breiteren Öffentlichkeit bisher weniger bekannt. Als Anglist verfasst der Autor und Lyriker auch Texte in englischer Sprache.

Mathis Pfäffli (1983) / Nadine Gerber (1984)
Mathis Pfäffli (Grafiker) und Nadine Gerber (Illustratorin) haben die Jury mit kleinen, handwerklich geprägten Broschüren wie etwa „Picturesque Meal“ oder „Das Lob der Oberflächlichkeit“, denen künstlerische Aktionen zu Grunde liegen, für sich gewonnen. Die unbändige Lust an der Gestaltung von Form und Inhalt ist ansteckend und findet im Zusammenwirken von Typografie, Illustration, dreidimensionalen Objekten und geschichtlichen Referenzen in angewandten und freien Arbeiten eigenständigen Ausdruck.
Mathis Pfäffli und Nadine Gerber sind Teil des jungen Luzerner„Detektiv-Bureaus“. Das Gestaltungsatelier wandelt sich in regelmässigen Abständen zum Ausstellungsraum aktueller Kunst und ist zu einer Plattform gewachsen, die insbesondere auch ein junges Publikum für Kunst und Kultur zu interessieren vermag. Die beiden Gestalter beabsichtigen, ein weiteres „Detektiv-Bureau“ temporär in Chicago einzurichten. Das Kollektiv will sich mit seinem Projekt in den Alltag des Ortes integrieren, lokalen Geschichte(n) nachspüren, diese sammeln, dokumentieren und strukturieren.

Philipe Burrell (1979)
Als Mitglied der Indie-Rock Band „Marygold“ hat sich Philipe Burrell schweizweit einen Namen gemacht. Der Sänger, Gitarrist und Soundtüftler tritt auch solo, im Duo oder in spartenübergreifenden Konstellationen auf. So zuletzt mit einem von Heinrich Bölls „Ansichten eines Clowns“ inspirierten Tanztheater «I have to stay to see how the story ends».
Mit seiner Bewerbung für das Wohnatelier in Chicago hat Philipe Burrell eine Idee für ein weiteres Mixed-Media-Projekt entwickelt, welches die Schönheit und Grausamkeit der natürlichen Selektion behandelt und Parallelen zu den politischen Geschehnissen aufzeigt. Philipe Burrell will neue Komponenten zusammenführen – Theater, Licht, Tanz, Musik und Sprache miteinander verbinden und deren Durchlässigkeiten aufspüren.

Carola Bürgi (1967)
Die Bildende Künstlerin Carola Bürgi lebt und arbeitet in Sursee und Lausanne. Ihr bevorzugtes Arbeitsmaterial ist die transparente oder grünliche Frischhaltefolie. Damit realisiert sie Installationen, welche die Struktur ausgewählter Räume verdeutlichen oder auf Spuren der Zeit verweisen. Neben rein visuellen Werken entwickelt Carola Bürgi auch kinetische - und Klanginstallationen.
In ihrer aktuellen Schaffensphase erforscht sie die Beziehung zwischen Geräusch und Farbe. Für den ihr zugesprochenen Aufenthalt in Chicago passt ihr Projekt «Coloured Hearing Sculpture»-, akustische Phänomene in visuelle Kunst zu transferieren. Dabei bietet die Grossstadt Carola Bürgi die nötige Fülle von Inputs, um die synästhetische Wahrnehmungsfähigkeit der Künstlerin in installativen Arbeiten auszudrücken.

Michelle Kohler (1981)
Mit dem an die gebürtige Chicagoerin Michelle Kohler vergebenen Stipendium erhält die Künstlerin die Chance, zu ihren Wurzeln zurückzukehren. Zentrale Themen ihrer Fotoarbeiten sind Fassaden von Einfamilienhäusern und häusliche Innenräume, beispielsweise von Studenten- oder Altersheimen. Sie richtet ihre Blicke auf Architektur und Wohnformen „in Luzern und andernorts“ (aus dem Dossier). Das temporäre Verschieben des Wohn- und Arbeitsortes führt zu Einblicken in neue Denk- und Lebensweisen. Mit ihrem Projekt – Videodokumentationen und Interventionen vor Ort – will die Künstlerin die Fassaden, die Geschehnisse hinter den Fassaden und in Hinterhöfen in einer der weltweit grössten Metropolregionen ergründen.

Jury
Sandra Baumeler, Verein Städtepartnerschaft Luzern – Chicago
Pius Strassmann, FUKA-Fonds Stadt Luzern
Franziska Gabriel, Kulturförderung Kanton Luzern
Verena Omlin, Kulturförderung Stadt Luzern
Beat Stalder, kant. Kulturförderungskommission
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