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22. Februar 2021
Jugendliche sollten sich für ihre gesunde Entwicklung frei bewegen können und mit Gleichaltrigen unterwegs sein. Sie trifft die Pandemie besonders hart, sagt Christina Reusser, Bereichsleiterin der Kinder-, Jugend- und Familienberatung.

Wer wendet sich an die Kinder-, Jugend- und Familienberatung?

Bei uns stehen die Kinder und Jugendlichen im Alter von 0 bis 25 Jahren im Zentrum. Es sind die Betroffenen, in erster Linie die Jugendlichen und ihre Bezugspersonen, die sich an uns wenden: Eltern, Kolleginnen, Freunde, Lehrerinnen, Nachbarn. Im Kinder- und Jugendschutz erfolgt die Zuweisung über die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde.

Gibt es Hauptanliegen?

Bei Kleinkindern sind es Fragen zum Stillen, Schlafen; später geht es um die Trotzphase, ums Gamen, ums Sackgeld. Der Rückzug in den virtuellen Raum, die Ablösung von den Eltern oder deren Trennung sind Themen. Wir möchten die Menschen unterstützen und sie dazu befähigen, Konflikte gemeinsam auszutragen. Es geht immer um Bindung, aber auch darum, Grenzen aufzuzeigen.

Grenzen aufzeigen, das klingt streng erzieherisch.

Unsere Beraterinnen und Berater verfolgen den systemisch lösungsorientierten Ansatz. Sie versuchen beispielsweise mit den Kindern und Jugendlichen herauszufinden, wie sie aus einer Sucht herauskommen können, was ihnen stattdessen guttun würde. Wir unterliegen der Schweigepflicht. Müssen aber aktiv werden, wenn eine Selbst- oder Fremdgefährdung droht.

Haben sich die Anfragen in der zweiten Corona-Welle verändert?

Die zunehmende Pandemiedauer, die Enge, das Eingeschlossensein belasten die Familiensysteme stark. Ein Ende ist nicht absehbar. Das führt zu Verunsicherung: Was passiert mit dem Schulunterricht, der zentral ist

für die Tagesstruktur und als Kontaktmöglichkeit? Kann ich eine Schnupperlehre machen? Finde ich eine Lehrstelle? Finanzielle Sorgen und auch Probleme in der Paarbeziehung sind häufiger Thema.

Wie reagieren Kinder und Jugendliche darauf?

Eigentlich sollten sie sich für ihre Entwicklung frei bewegen und mit ihrer Peergruppe unterwegs sein können. Viele ziehen sich mangels realer Kontaktmöglichkeiten in den virtuellen Raum zurück. Das kann problematisch werden: Wir stellen eine Zunahme von Cybergrooming fest und von dubiosen Spiel-Apps, auf denen auch Erwachsene aktiv sind.

Was kann die Beratungsstelle dagegen tun?

Wir bewerten nicht. Wir klären auf und suchen gemeinsam nach Lösungen: Was kann ich gegen die Nacktfotos tun, die von mir im Internet zirkulieren? Wie wehre ich mich gegen unerwünschte Kontaktnahmen? Was kann ich tun, damit ich mich weniger hilflos und ausgeliefert fühle?

Ch. Reusser
Christina Reusser am Kasernenplatz 3: Zur Kinder-, Jugend- und Familienberatung der Stadt Luzern gehören die Jugend- und Familienberatung CONTACT, der Kinder- und Jugendschutz und die Mütter- und Väterberatung.

Dagmar Christen
Redaktorin "Stadtmagazin"

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