Von Dagmar Christen
Der Finanzhaushalt der Stadt Luzern zeigt bei anhaltend hohen Steuereinnahmen eine insgesamt stabile Entwicklung. Dem Stadtrat ist es wichtig, dass diese gute finanzielle Ausgangslage genutzt und Mehrwerte für Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft geschaffen werden können. Es sollen Investitionen und gezielte Leistungsausbauten getätigt und die finanzielle Handlungsfähigkeit gesichert werden. Der Stadtrat beantragte dem Grossen Stadtrat, für das Jahr 2026 ein Budget zu beschliessen mit einem Ertragsüberschuss von 51,7 Mio. Franken und einem gleichbleibenden Steuerfuss von1,55 Einheiten.
Die Stadt Luzern steht vor besonderen Herausforderungen. Die Finanzplanung zeigt, dass in den kommenden Jahren jährlich substanzielle Gewinne für geplante hohe Investitionen erforderlich sind: beispielsweise in Schulhäuser, in Strassen, in die Mobilität, in die Klima- und Energiestrategie oder die Wohnraumförderung. Auch stehen gezielte Leistungsausbauten zum Beispielbei der Kinderbetreuung an. Neben den geplanten Investitionen von140,1 Mio. Franken im Jahr 2026 gelte es auch, die Risiken zu beachten: Die hohen Steuererträge der juristischen Personen sind stark abhängig von einigen wenigen gewinnstarken Unternehmen. Der Stadtrat sah aus all diesen Gründen in der Finanzplanung erst ab dem Jahr 2027 eine Steuersenkung vor; dies auch gemäss Schuldenbremse, die unterbestimmten Voraussetzungen in Kraft tritt.
Kein Steuersplitting, sondern Steuersenkung
Der Grosse Stadtrat hat die finanzielle Lage und die Perspektiven der Stadt Luzern anders eingeschätzt als der Stadtrat. Die Finanz- und Geschäftsprüfungskommission (FGK) machte den Vorschlag eines Steuersplittings: Sie wollte die Steuern für alle steuerpflichtigen Einwohnenden (natürliche Personen) senken und den Steuerfuss für juristische Personen (Firmen und Organisationen mit verschiedenen Rechtsformen, wie beispielsweise Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Vereine oder Stiftungen) beibehalten. Der Grosse Stadtrat sprach sich gegen ein Steuersplitting aus, da dieses gemäss Ansicht des kantonalen Finanzdepartements nicht zulässig ist. Die FDP-Fraktion stellte in der Debatte des Grossen Stadtrates den Antrag, den Steuerfuss von heute 1,55 auf 1,45 Einheiten zu senken. Sie wurde von der Mitte-, der SVP- und der GLP-Fraktion unterstützt. Die Finanzlage der Stadt liesse dies zu, argumentierten sie. Die Stadt habe in den vergangenen Jahren zu viel von den Steuerpflichtigen eingenommen, die Reserven seien genügend hoch. Die SP/JUSO- und die GRÜNE/JG-Fraktion sprachen sich dagegen aus. Steuersenkungen würden vor allem Personen mit hohem Einkommen zugutekommen. Es bestehe zudem je nach Wirtschaftslage die Gefahr von grossen Schwankungen bei den Steuererträgen.
Ausgaben im Auge behalten
Die FDP-, die Mitte-, die SVP- und die GLP-Fraktion mahnten, dass bei den Investitionen auch die Folgekosten bedacht werden müssten: Die FDP-Fraktion betonte, dass beim Bau neuer Infrastruktur auch an die Kosten für deren Unterhalt gedacht und bei der Schaffung neuer Angebote die zusätzlichen Personalressourcen einkalkuliert werden müssten. Heute ausgelöste Mehrausgaben seien Sparprogramme von morgen. Die Mitte-Fraktion stimmte zu und betonte, die Mittel müssten zielgerichtet eingesetzt werden. Eine Priorisierung der Vorhaben sei unumgänglich. Die SVP-Fraktion plädierte dafür, trotz derzeit guter Finanzlage, die Ausgabengut im Auge zu behalten: Dies sei angesichts der hohen Projektlast und grosser Ausgaben, des Klumpenrisikos bei den Steuererträgen, der demografischen Entwicklung und der geopolitischen Situation angezeigt. Die Ausgaben wüchsen schneller, als dies gesund sei, befand die GLP-Fraktion. Die Ausgaben müssten vermehrt auf ihren Nutzen für die Bevölkerung geprüft werden.
Beschränkung des Ausgabenwachstums
Die FDP-, die Mitte-, die SVP- und die GLP-Fraktion waren der Meinung, dass sich das Ausgabenwachstum am Wachstum der Wirtschaft orientieren solle. Im Budget 2026 wird von einer Steigerung von 9,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ausgegangen. Aus diesem Grund wurde gefordert, dass im Budget 2027 die im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) 2026–2029 ausgewiesenen Wachstumsraten von 2,9 Prozent für das Jahr 2027 zwingend eingehaltenwerden müssen. Die Mehrheit des Grossen Stadtrates war damit einverstanden und erteilte dem Stadtrat einen entsprechenden Auftrag. Die SP/JUSO- und die GRÜNE/JG-Fraktion wehrten sich erfolglos gegen diese finanzielle Vorgabe. Die Stadt wachse und mit ihr die Herausforderungen, argumentierten sie. Jetzt seien die Mittel vorhanden, um Projekte zu realisieren, die der gesamten Bevölkerung zugutekämen: beispielsweise um Betagte zu unterstützen, in Lehrpersonen zu investieren sowie um Klima- und Energiemassnahmen oder digitale Lösungen umzusetzen. Mit den Ausgaben würden gesellschaftliche Entwicklungen unterstützt und die soziale Sicherheit gefördert.
Empfehlung an die Stimmberechtigten
Der Grosse Stadtrat beschloss das Budget 2026 mit 24 zu 23 Stimmen mit einem Gesamtaufwand von 962,7 Mio. Franken, einem Gesamtertrag von 988,8 Mio. Franken und einem Gewinn von 26,1 Mio. Franken bei einem Steuerfuss von 1,45 Einheiten. Der Stadtrat respektiert den Willen des Grossen Stadtrates. Es ist ihm wichtig, dass die Stadt Luzern per 1. Januar 2026 ein gültiges Budget hat. Mit einem budgetlosen Zustand wäre die Stadt mehrere Monate massiv in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Der Grosse Stadtrat und der Stadtrat empfehlenden Stimmberechtigten ein Ja zum vorliegenden Budget 2026.
Haltung der parlamentarischen Minderheit
Im «Stadtmagazin» erhält eine parlamentarische Minderheit, die eine Abstimmungsvorlage in der Ratsdebatte abgelehnt hat, nach Artikel 4 des Reglements über die städtischen Volksabstimmungen vom 6. Juni 2013 Platz zur Darstellung ihrer Haltung.
«Die Fraktionen der SP/JUSO und der GRÜNEN/JG haben das Budget 2026 abgelehnt. Grund dafür ist die erneute Senkung des Steuerfusses um einen Zehntel auf 1,45 Einheiten. Dies ist die vierte Steuersenkung in Folge. Damit liegt der Steuerfuss der Stadt Luzern mittlerweile 0,25 Einheiten unter dem kantonalen Durchschnitt. Die Stadt macht sich damit zu einer Steueroase und nimmt eine Zugerisierung in Kauf.
Die tiefen Steuern wirken wie ein Magnet auf Unternehmen und wohlhabende Privatpersonen. Das spült zwar Geld in die Wirtschaft und in die Stadtkasse, führt aber zugleich zu einer stärkeren Belastung der Infrastruktur und treibt die Mietpreise weiter in die Höhe. Normalverdienenden den zunehmend keinen bezahlbaren Wohnraum mehr in der Stadt Luzern.
Von Steuersenkungen profitieren aufgrund der Steuerprogression vor allem die Reichsten. Haushalte mit tiefen und mittleren Einkommen werden hingegen kaum entlastet – obwohl gerade sie am stärksten unter den steigenden Mieten und Krankenkassenprämien leiden.
Die hohen Gewinne der Stadt Luzern in den letzten Jahren sind zwar erfreulich, beruhen jedoch hauptsächlich auf Steuereinnahmen einiger weniger Unternehmen. Dieses Klumpenrisiko ist beträchtlich: Zieht eines dieser Unternehmen weg, bricht ein grosser Teil der Steuereinnahmen weg. Hinzu kommt die Unsicherheit über die Auswirkungen der US-Zölle auf die in Luzern ansässigen Firmen – auch dies könnte zu Mindereinnahmen führen.
Im schlimmsten Fall kommt es so zu Sparmassnahmen, und es müssten öffentliche Dienstleistungen, von denen alle profitieren, gekürzt oder gestrichen werden. Der Stadtrat beantragte daher, den Steuerfuss bei 1,55 Einheiten zu belassen. Trotz dieser Risiken will die bürgerliche Ratsmehrheit nun auf Biegen und Brechen eine Steuersenkung gegen den Antrag des Stadtrates durchdrücken.»