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10. Dezember 2025
Die Bau-, Umwelt- und Mobilitätskommission des Grossen Stadtrates befasste sich an ihrer Sitzung vom 20. November 2025 mit zwei Initiativen zum Wohnraum in der Stadt Luzern. Sie erklärte die Initiative «Wohnraum für die Menschen statt Profite für Spekulant*innen» sowie die «Wohnrauminitiative: Aktive Bodenpolitik zur Förderung von zahlbarem Wohnraum» einstimmig für gültig, empfiehlt den Stimmberechtigten bei beiden Vorlagen und mit knapper Mehrheit deren Ablehnung (6 zu 5 Stimmen) und empfiehlt bei beiden Geschäften die Annahme des Gegenvorschlags.

Bericht und Antrag (B+A) 45/2025: «Initiative ‹Wohnraum für die Menschen statt Profite für Spekulant*innen›»

In den letzten Jahren sind in der Stadt Luzern die Mieten und die Immobilienpreise stark gestiegen. Der Druck auf dem Wohnungsmarkt ist hoch und entsprechender Handlungsbedarf gegeben. Die hohen Wohnkosten belasten Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen, in der Stadt Luzern insbesondere Familien, ältere Personen, sozial benachteiligte Haushalte sowie Menschen in Ausbildung. Der Handlungsbedarf war in der Kommission entsprechend unbestritten. Die Initiative verlangt die Einführung eines kommunalen Vorkaufsrechts. Das Vorkaufsrecht soll zur Erreichung der wohnpolitischen Ziele dienen und bei einer Leerwohnungsziffer von 1,5 Prozent oder tiefer zur Anwendung kommen.

Nach Anhörung einer Vertretung des Initiativkomitees und einer intensiv geführten Beratung lehnte die Bau-, Umwelt- und Mobilitätskommission die Initiative knapp, mit 6 zu 5 Stimmen, ab. Ebenfalls knapp, mit 6 zu 4 Stimmen (eine Enthaltung), wurde der Gegenvorschlag zur Initiative angenommen. Der vom Stadtrat erarbeitete Gegenvorschlag geht auf das kommunale Vorkaufsrecht ein, ist aber in der Umsetzung flexibler formuliert. Als besonders umstritten erwiesen sich die geplanten Anpassungen am bestehenden Reglement über die Abgabe von stadteigenen Grundstücken. Die hohe Anzahl an Anträgen und Protokollbemerkungen verdeutlicht die unterschiedliche Haltung der Kommissionsmitglieder zu einzelnen Anpassungsvorschlägen in diesem Reglement. Insgesamt 21 Anträge und 2 Protokollbemerkungen wurden formuliert, und mehr als die Hälfte der abgelehnten Anträge und Protokollbemerkungen wurden als Minderheitsantrag deklariert (siehe ausnahmsweise beigefügte Fahne zu B+A 45/2025).

Mit dem neuen Vorkaufsrecht kann die Stadt Luzern Liegenschaften oder Grundstücke kaufen und diese selbst halten oder gemeinnützigen Wohnbauträgern zur Verfügung stellen. Damit die Stadt Kenntnis von entsprechenden Verkaufsangeboten erhält, soll sie gemäss Gegenvorschlag in bestimmten Fällen von einem Vorkaufsrecht profitieren können. Während ein Teil der Kommission das Vorkaufsrecht als ein probates und gutes Mittel betrachtete, um den Anteil an gemeinnützigem Wohnraum zu erhöhen, sah der andere Teil der Kommission darin einen starken Eingriff ins Marktgeschehen, in die Eigentumsrechte und die Wirtschaftsfreiheit. Auch wurde in Frage gestellt, dass ein Vorkaufsrecht mehr Wohnungen schaffen oder Bauprojekte beschleunigen würde. Es würde einzig dazu führen, dass sich das Eigentum einer privaten zu einer öffentlichen Trägerschaft verschöbe und es zu potenziellen Rechtsstreitigkeiten käme.

Positiv hervorgehoben wurde, dass der Gegenvorschlag das Vorkaufsrecht an klare Bedingungen wie z.B. eine tiefe Leerwohnungsziffer knüpft, und dass der Vorschlag Ausnahmen vom Vorkaufsrecht der Stadt vorsieht, etwa bei familiären Eigentumsübertragungen oder Verkäufen an gemeinnützige Trägerschaften. Gerade der letzte Punkt gab aber Anlass zu Bedenken, weil der vorgesehene Landverkauf im Widerspruch zu der von der Stimmbevölkerung im Jahr 2017 angenommenen Bodeninitiative steht. Weitere Bedenken äusserte ein Teil der Kommission zum Umgehungspotenzial bei Verkäufen von Grundstücken innerhalb eines Konzerns, wenn das Vorkaufsrecht der Stadt Luzern dann nicht gelten sollte. Auch wurde darauf hingewiesen, dass ein Vorkaufsrecht allein die Wohnungsproduktion nicht ankurbeln könne, sondern dass es dazu ebenso effizientere Prozesse innerhalb der Stadtverwaltung brauche. Als Anregung wurde zudem von einem Teil der Kommission mitgegeben, dass die Stadt bei offensichtlich überhöhten Preisen nur den Verkehrswert bezahlen müsse. Weitere Diskussionspunkte beinhalteten zeitliche Modalitäten/Fristen, Schenkungen, Fragen der Entschädigung allfälliger Aufwendungen Privater, wenn die Stadt das Vorkaufsrecht ausübte, sowie die Eingrenzung des Vorkaufsrechts auf eine bestimmte Zone. Umstritten waren die im Gegenvorschlag des Stadtrates geforderten 160 Stellenprozent bei der Dienststelle Immobilien, welche schliesslich, mit 6 zu 4 Stimmen (eine Enthaltung), bewilligt wurden.

B+A 46/2025: «Wohnrauminitiative: Aktive Bodenpolitik zur Förderung von zahlbarem Wohnraum»

Die Initiative verlangt von der Stadt, dass sie jährlich 50 Wohnungen der Spekulation entzieht, um das Ziel von 1’100 preisgünstigen Wohnungen bis im Jahr 2048 umzusetzen. Die Bau-, Umwelt- und Mobilitätskommission hörte auch zu dieser Initiative zunächst eine Vertretung des Initiativkomitees an. Sie lehnte die Initiative knapp ab (6 zu 5 Stimmen), befürwortete aber den Gegenvorschlag des Stadtrates mit 7 zu 4 Stimmen. Im Gegenvorschlag wird das Grundanliegen der Initiative aufgenommen und zur Schaffung von 1’100 preisgünstigen Wohnungen ein dreiteiliger Massnahmenkatalog vorgeschlagen.

Die Frage, ob die vom Stadtrat vorgeschlagene Stiftung «Wohnraum für alle» (Massnahme 1) ein probates Mittel gegen die Wohnraumknappheit ist, wurde intensiv und kontrovers diskutiert. Ein Antrag auf Streichung der Stiftung wurde mit 4 zu 6 Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt, ein Antrag auf Streichung des Grundstückserwerbs durch die Stadt wurde mit 4 zu 7 Stimmen abgelehnt. Für den Fall, dass die Stiftung gegründet wird, wurden Protokollbemerkungen zu den unternehmerischen und ökologischen Vorgaben der Stiftung beantragt. Die Kommission unterstützte mit jeweils 7 zu 4 Stimmen die Vorgabe von mindestens 500 gemeinnützigen Wohnungen in der Stadt Luzern sowie die Vorgabe einer definierten Mindestbelegung bei Neubauwohnungen (Anzahl Zimmer minus eins gleich Anzahl Bewohnende). Abgelehnt hingegen wurde die Forderung, dass Neubauten nur realisiert werden dürften, wenn eine umfassende Prüfung nachweist, dass eine Sanierung oder Umnutzung bestehender Bausubstanz nicht gleichwertig oder besser zur Erreichung des Stiftungsziels beiträgt (5 zu 6 Stimmen).

Gemäss Reglement über die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus muss der Anteil der Wohnungen, die nach den Kriterien der Gemeinnützigkeit vermietet werden, bis Ende 2037 mindestens 16 Prozent betragen, gemessen am gesamten Wohnungsbestand der Stadt Luzern. Der Antrag, auf sämtliche beantragte Stellen zu verzichten, wurde mit 3 zu 8 Stimmen abgelehnt (siehe ausnahmsweise beigefügte Fahne zu B+A 46/2025).

Der Grosse Stadtrat wird die Gegenvorschläge zu den zwei Wohnrauminitiativen voraussichtlich am 18. Dezember 2025 beraten.

Links:
Bericht und Antrag 45/2025: «Initiative ‹Wohnraum für die Menschen statt Profite für Spekulant*innen›»
Bericht und Antrag 46/2025: «Wohnrauminitiative: Aktive Bodenpolitik zur Förderung von zahlbarem Wohnraum»

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Medienmitteilung der Bau-, Umwelt- und Mobilitätskommission des Grossen Stadtrates 10.12.2025 (PDF, 110.11 kB) Download 0 Medienmitteilung der Bau-, Umwelt- und Mobilitätskommission des Grossen Stadtrates 10.12.2025
Beilage 1. Fahne zu Bericht und Antrag 45/2025 (PDF, 149.07 kB) Download 1 Beilage 1. Fahne zu Bericht und Antrag 45/2025
Beilage 2. Fahne zu Bericht und Antrag 46/2025 (PDF, 155.18 kB) Download 2 Beilage 2. Fahne zu Bericht und Antrag 46/2025