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10. Mai 2021
Als Einsatzleiter vor Ort ist der Zivilschützer Joël Monteil dafür verantwortlich, dass der Betrieb im Impfzentrum Allmend Luzern reibungslos abgewickelt wird. Er ist glücklich, wenn die Geimpften das Messegebäude mit einem Lächeln verlassen.

Pirmin Bossart, freischaffender Journalist

«Cobra» steht auf dem Schild des jungen Mannes, der uns vor den Hallen 3+4 der Messe Luzern empfängt. Sein grünbraunes Tenue erinnert an einen Revierförster, in der Hand knistert ein Funkgerät. Der Zivilschützer Joël Monteil durchmisst mit ruhigem Schritt die Hallen, wo sich die Impfkabinen aneinanderreihen. «Am 15. Januar bekam ich die SMS, dass ich am nächsten Tag im Impfzentrum Allmend zu erscheinen hätte.»

Die Mitglieder der Schnelleinsatz-Formation Cobra bei der Zivilschutzorganisation ZSOpilatus sind immer die Ersten, die in einer Notsituation oder bei Katastrophen aufgeboten werden. Das Impfzentrum Allmend stand seit Mitte Dezember 2020 bereit. Als einen Monat später die Impfstoffe eintrafen, waren neben dem medizinischen Personal auch die Zivilschützer gefordert. «In den ersten zwei Wochen hat unsere Cobra-Organisation für die Aufrechterhaltung des Betriebs gesorgt. Inzwischen sind viele Zivildienstleistende nachgerückt. Anders als die Zivilschützer, können sie mehrere Wochen oder gar Monate bleiben.»

Nicht den Chef spielen

In den ersten Tagen war Zivilschützer Monteil im Check-out-Bereich tätig. Dort wird den Geimpften der Impfausweis ausgestellt und der Eintrag der Covid-19-Impfung ins Impfbüchlein gemacht. Bald erkannten die Verantwortlichen, dass der 27-Jährige mit Menschen umgehen kann und prädestiniert ist, um Leute zu führen. Kam dazu, dass er ohne Arbeit war und sich für mehrere Monate verpflichten konnte. So wurde Joël Monteil zum Einsatzleiter befördert. Ruhig sagt er: «Ich will nicht den Chef spielen, sondern sehe mich als Mitglied einer Mannschaft, die ein gemeinsames Ziel vor Augen hat, nämlich mitzuhelfen, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen.»

Keine Events – keine Arbeit

Es ist die Ironie des Schicksals, dass Monteil ein Jahr zuvor in der gleichen Halle 3 seinen letzten beruflichen Auftritt hatte. «Im Februar 2020, kurz bevor der Lockdown alle Veranstaltungen verunmöglichte, führte die Autotechnik Sursee eine Messe durch. Zum Event gehörte ein Forum für Vorträge und Darbietungen, wo ich als Tontechniker vor Ort im Einsatz war.» In der Folge wurde sein Arbeitgeber von der Pandemie wirtschaftlich so stark betroffen, dass Monteil im Sommer 2020 die Kündigung erhielt. Mehrere Jahre hatte er als Audio Engineer und Projektleiter das Metier kennengelernt. Bei der Lichtshow «Rendez-vous Bundesplatz» machte er die Beschallung und war Tagesverantwortlicher für den Betrieb. «Ein Höhepunkt waren die Ski-Weltmeisterschaften in St. Moritz 2017. Ich war dort für die Hauptbühne verantwortlich, auf der Rangverkündigungen und Veranstaltungen mit Promis durchgeführt wurden.»

Sicherheit geben

Ganz anders und nicht minder verantwortungsvoll ist seine aktuelle Mission im Impfzentrum Allmend. Als Einsatzleiter legt Monteil grossen Wert darauf, dass der Impfbetrieb bei täglich bis zu 2000 eintreffenden Personen nicht zu einer Massenabfertigung wird. Er motiviert sein Team für eine gute Atmosphäre und für einen persönlichen Umgang mit den Besuchenden. «Die meisten älteren Menschen kommen etwas angespannt hier an. Viele sind unsicher, haben vielleicht während Wochen und Monaten ihr Zuhause kaum verlassen. Wenn sie dann mit einem Lächeln nach Hause gehen, weiss ich: Wir haben unsere Aufgabe gut gemacht.»

Neben Zivilschützern unterstützen viele Zivildienstleistende den Impfbetrieb. Sie sind beim Empfang eingeteilt oder erledigen die Kontrollaufgaben beim Check-in und Check-out. Andere verteilen den Impfstoff in die Kabinen, wo dieser von Ärztinnen oder Ärzten und von Pflegefachleuten injiziert wird. Bei der Abwicklung des Betriebs achtet Monteil auf eine effiziente Logistik, damit am Ende des Tages keine Impfdosen weggeworfen werden müssen. Denn diese müssen, sind die Boxen einmal geöffnet, innert einer Stunde verimpft sein.

Nach sechs Jahren in der Eventbranche und dem mehrmonatigen Zwischenspiel als Zivilschutzeinsatzleiter im Impfzentrum Allmend beginnt für Joël Monteil im Sommer ein neuer Lebensabschnitt: Am 1. August wird er in Ettiswil eine Lehre als Schreiner beginnen. Trotz vieler guter Erlebnisse als Audiotechniker im Eventbereich hätten ihm die unregelmässigen Arbeitszeiten oft zugesetzt. «Gewöhnlich habe ich gearbeitet, wenn meine Kollegen frei hatten. In einem Verein mitzumachen, ist kaum möglich. Auch für eine Familienplanung ist dieser Job eher schwierig.»

Das Schreinern, überhaupt das handwerkliche Metier, ist eine alte Liebe. Sein Vater hatte eine Hobbywerkstatt, wo er als Kind viel Zeit verbracht hatte. «Ich arbeite gerne mit meinen Händen. Und am Ende des Tages zu sehen, was man geleistet hat, gibt mir ein gutes Gefühl.» Gerne würde er als selbstständiger Schreiner nachhaltige Möbel herstellen. Dabei denkt er an einen Mittelweg zwischen den günstigen Serienprodukten von Grossverteilern und den teuren Unikaten von Schreinern. «Mir schweben Möbelstücke vor, die einfach zu montieren und zu kombinieren sind, eine hohe Qualität und Wertigkeit haben und trotzdem erschwinglich sind.»

Verschiedene Winde und Wellen

Joël Monteil ist vor sieben Jahren aufgrund des Jobs von Solothurn nach Luzern gezogen und wegen der Liebe geblieben. Die Lage am See und die Nähe zu den Bergen machen Luzern für ihn zudem zu einer «Traumstadt». Nur zum Segeln zieht es ihn immer mal wieder in die Juragegend, konkret an den Bielersee. «Unsere Familie hat dort ein Ferienhaus. Der Bielersee ist mit seinen regelmässigen Winden optimal zum Segeln. Dort kenne ich jedes Wellenverhalten.»

Das Segeln sei für ihn Seelennahrung, sagt Monteil. «Beim Segeln gibt es kein definiertes Ziel. Du weisst nie, wohin der Wind dich treibt. Es geschieht vieles spontan. Das ist für mich Freiheit.» Während der erwerbslosen Monate hat er in aufwendiger Arbeit eine alte Jolle restauriert, die nun ihm gehört. Gerne würde er seine Segellust mal auf dem Vierwaldstättersee testen, auch wenn er weiss, dass hier die Winde immer wieder drehen können und das Segeln anspruchsvoll ist. Auch anderes ist nicht ganz einfach. Monteil lächelt: «Seit sechs Jahren suche ich hier einen Bootsplatz. Es hat sehr wenige, und wenn, dann sind sie für mich unbezahlbar.»

Impfzentrum
Zivilschützer und Einsatzleiter Joël Monteil im Impfzentrum Allmend. Hier werden täglich rund 1700 Menschen geimpft: «Die meisten älteren Menschen kommen etwas angespannt hier an. Viele sind unsicher, haben während Monaten ihr Zuhause kaum verlassen.»

Zivilschutz im Einsatz

Seit Februar 2020 hat der Kanton Luzern bei der Abwicklung verschiedener coronabedingter Aktivitäten von den Einsätzen der Zivilschutzorganisation der Gemeinden Horw, Kriens und Luzern ZSOpilatus profitieren können. Als das Luzerner Drive-in-Testcenter auf der Allmend in Betrieb genommen wurde, standen pro Tag 14 Zivilschützer im Einsatz.

Impfzentrum Allmend

Seit Januar 2021 ist das Impfzentrum in Betrieb. Hier war vor allem die Schnelleinsatz-Formation Cobra gefordert. In den ersten Betriebswochen konnten täglich bis zu 900 Personen – älter als 75 Jahre oder chronisch kranke Personen mit höchstem Risiko – geimpft werden. Aktuell werden an sieben Tagen pro Woche rund 1700 Menschen geimpft (Stand: Ende April 2021).

Messe Luzern

Areal und Infrastruktur für das Impfzentrum werden von der Messe Luzern AG zur Verfügung gestellt. Die Messe ist auch für die Abwicklung des Betriebs des Zentrums zuständig. Dazu gehören beispielsweise die Einsatzplanung des Impfpersonals. Sie hat dafür einen grossen Pool von (meist pensionierten) Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegefachleuten zur Verfügung.

 

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