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2. Juli 2018
Im Mai 2018 schickte der Kanton Luzern seine Aufgaben- und Finanzreform 2018 den Gemeinden zur Vernehmlassung zu. In einer gemeinsamen Erklärung wehren sich die Gemeinden Luzern, Mauensee, Meggen, Schenkon, Sursee und Weggis vor allem gegen den in der Reform enthaltenen neuen Kostenteiler bei der Volksschule. Die systemwidrige Gegenfinanzierung belastet die ressourcenstarken Gemeinden zu massiv, was zu negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen für den gesamten Kanton führen wird. Zudem zeigt ein Gutachten, dass der vom Kanton vorgeschlagene Steuerfussabtausch die Gemeindeautonomie unverhältnismässig einschränkt.

Die kantonale Aufgaben- und Finanzreform 2018 (AFR18) will die Aufgaben von Kanton und Gemeinden sowie deren Finanzierung neu regeln. Am 3. Mai 2018 veröffentlichte der Kanton Luzern das Massnahmenpaket, das in Zusammenarbeit mit dem Verband Luzerner Gemeinden (VLG) zustande kam, und eröffnete damit die Vernehmlassung, die für die 83 Luzerner Gemeinden bis zum 20. Juli 2018 dauert.

Die zentralen Elemente des Pakets sind die Gegenfinanzierung im Wasserbau, ein neuer Kostenteiler für die Volksschule sowie Anpassungen im Finanzausgleich. Damit will der Kanton seine Finanzen ins Lot bringen und die Gemeinden stärker am Finanzausgleich beteiligen.

Einer der Bestandteile im AFR18-Paket, der neue Kostenteiler von 50:50 für die Volksschule, ist ein politisches Postulat des VLG. Er macht eine Gegenfinanzierung von 160 Mio. Franken notwendig. Der VLG propagiert aber auch eine maximale Mehrbelastung der Gemeinden von 5 Mio. Franken oder von maximal 60 Franken pro Einwohner und Einwohnerin pro Jahr. Die jetzt vorliegenden Berechnungen zeigen, dass diese Rahmenbedingungen bei vielen Gemeinden zum Teil bei weitem nicht eingehalten werden können.

Volksschulkostenteiler belastet unverhältnismässig

Die Gemeinden Luzern, Mauensee, Meggen, Schenkon, Sursee und Weggis gehören mehrheitlich zu jenen neun Gemeinden, die durch die AFR18 insgesamt mit 36 Mio. Franken pro Jahr stärker belastet würden. Die Pro-Kopf-Belastung liegt bei diesen Gemeinden zwischen 90 (Mauensee) und 888 Franken (Meggen). Insgesamt 17 Gemeinden tragen 92.4 Prozent der Gesamtbelastung durch die anvisierte Aufgaben- und Finanzreform. Trotzdem stimmen die sechs Gemeinden der neuen Gegenfinanzierung beim Wasserbau zu, ebenso der Anpassung des Finanzausgleichs unter der Bedingung einer vollständigen Kompensation durch Mehrerträge, zum Beispiel aus der Steuergesetzrevision 2020. Abgelehnt wird aber der neue Kostenteiler bei der Volksschule. Sie stützen ihre ablehnende Haltung auf folgende Argumente:

Der neue Kostenteiler bei der Volksschule führt mit der vorgeschlagenen Gegenfinanzierung zu neuen, systemwidrigen, massiven Verzerrungen bei der finanziellen Beteiligung der Gemeinden. Eine ausgewogene Kostenbeteiligung von Kanton und Gemeinden sowie eine Neuregelung der Mitsprache muss losgelöst von AFR18 gefunden werden. Die Mehrbelastung der ressourcen- und wirtschaftsstarken Gemeinden führt zu negativen Effekten, die Auswirkungen auf den gesamten Kanton haben werden:

  1. Verlust an Finanzkraft und Gefährdung des «kantonalen Wirtschaftsmotors»
  2. Gefährdung der Solidarität unter den Gemeinden
  3. Rückschritt im nationalen Standortwettbewerb
  4. Die langfristigen Auswirkungen machen letztlich alle Gemeinden zu Verlierern.

Neue Vorlage ausarbeiten und Steuergesetzreform 2020 berücksichtigen

Die sechs Gemeinden verlangen, dass der Regierungsrat die Vorlage überarbeitet und dabei alle Fakten auf den Tisch legt. Dabei sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Der Kanton konnte in den vergangenen 10 Jahren seine Verschuldung deutlich stärker reduzieren als die Gemeinden.
  • Der Kanton ist mit einem finanziellen Übergangsproblem im nationalen Finanzausgleich NFA konfrontiert, welches er mit einer dauerhaften Verschiebung von Kosten auf die Gemeinden lösen will.
  • Mit den Vorschlägen verletzt der Kanton die im Projekt gesetzten Ziele. So legt er willkürlich bei der Verbundaufgabe Sondersteuer den Teiler neu auf 72:28 zu Gunsten des Kantons fest.
  • Die Entwicklungsperspektiven der vorgeschlagenen neuen Aufgabenverteilung führt in der Zukunft zu noch deutlich stärkeren Belastungen der Gemeinden.

Die sechs Gemeinden schlagen vor, dass der Kanton eine Reform mit einer «AFR light» und einem «Finanzausgleich light» angeht und dabei die Steuergesetzreform 2020 berücksichtigt. Dabei gilt es die Gesamtsicht der Entwicklungen zu betrachten. Die verstärkte Mitwirkung und Mitbestimmung der Gemeinden bei den Volksschulthemen muss sichergestellt werden. Schliesslich erwarten die sechs Gemeinden, dass der Kanton die Gemeinden im Zuge der Steuervorlage 17 hälftig an der Erhöhung des Kantonsanteils bei den Bundessteuern beteiligt.

Gutachten zeigt: Steuerfussabtausch schränkt Gemeindeautonomie unverhältnismässig ein

Die Stadt Luzern stört sich an der Idee des Regierungsrates den Gemeinden einen Steuerfussabtausch zu verordnen: die Gemeinden hätten gemäss Vernehmlassungsvorlage für das Jahr 2020 ihren Gemeindesteuerfuss zu senken, damit der Kanton im gleichen Jahr seinen Steuerfuss erhöhen könnte.

Diese angestrebte Anordnung verletzt ihres Erachtens die Gemeindeautonomie. Daher beauftragte sie Professor Andreas Glaser (Universität Zürich und Direktor des Zentrums für Demokratie in Aarau) ein Gutachten zu verfassen. Dieses kommt zu folgenden Schlüssen:

Der Steuerfussabtausch «begegnet im Licht der Gemeindeautonomie schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Befugnis der Gemeinden des Kantons Luzern zur jährlichen Festlegung des Steuerfusses wird durch die Gemeindeautonomie geschützt. Der geplante Steuerfussabtausch führt aufgrund der Verpflichtung der Gemeinden zur Senkung des Steuerfusses um 0,10 Einheiten im Jahr 2020 zu einer Einschränkung der Gemeindeautonomie. Die Anforderungen an die Einschränkung der Gemeindeautonomie sind nicht erfüllt. Das vom Regierungsrat im Rahmen der AFR18 angeführte Ziel der Belastungsneutralität der Steuerzahlenden erfüllt die Anforderungen an das öffentliche Interesse nicht. Selbst wenn die Neuregelung des Bildungskostenteilers (50:50) als legitimes öffentliches Interesse anzunehmen wäre, würde es insoweit an der Erforderlichkeit der Regelung fehlen. Zur Gegenfinanzierung der stärkeren Beteiligung des Kantons würde nämlich die Erhöhung des kantonalen Steuerfusses ausreichen. Einer gleichzeitigen Senkung der Steuerfüsse der Gemeinden bedürfte es hierzu nicht. Aufgrund dieses fehlenden Zusammenhanges zwischen Aufgabenumschichtung und Senkung der Gemeindesteuern gerät der Mantelerlass zur AFR18 überdies in Konflikt mit dem aus der Abstimmungsfreiheit fliessenden Grundsatz der Einheit der Materie».

AFR18: Gewinner und Verlierer

Der Kanton gewinnt vierfach:

  1. Die Globalbilanz wird um 20.2 Mio. Franken entlastet.
  2. Übergangsproblem nationaler Finanzausgleich NFA löst sich in ein paar Jahren.
  3. Zukünftige Kostenentwicklungen finden stärker auf Seite der Gemeinden statt.
  4. Es fallen Mehrerträge aus der Steuervorlage 17 (Erhöhung Anteil Bundessteuern) und Mehrerträge aus der kantonalen Anschlussgesetzgebung an.

Die ressourcenstarken Gemeinden verlieren vierfach:

  1. Im Finanzausgleich (horizontaler Ressourcenausgleich) kommt es zu einer Mehrbelastung.
  2. Der neue Verteilschlüssel für Sondersteuern (bisher 50:50 / vorgeschlagen 72:28) belastet Gemeinden.
  3. Der Steuerfussabtausch belastet die Gemeinden.
  4. Der Härtefallausgleich (jährlich abnehmend) wirkt nur während 5 Jahren.
Name
AFR 18 Medienmitteilung 02.07.2018 Download 0 AFR 18 Medienmitteilung 02.07.2018
AFR 18 Faktenblatt Download 1 AFR 18 Faktenblatt
Kurzgutachten Steuerfussabtausch Prof. Dr. Andreas Glaser 28.06.2018 Download 2 Kurzgutachten Steuerfussabtausch Prof. Dr. Andreas Glaser 28.06.2018
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