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1. Juni 2022
Kinder sind von psychischen Erkrankungen ihrer Eltern immer mitbetroffen. Oft erkranken Kinder auch selbst an psychischen Problemen. Deshalb hat die Stadt Luzern heute Morgen eine Fachtagung zu diesem Thema durchgeführt. Dabei wurde diskutiert, was die Erkrankung eines Elternteils bei Kindern auslöst und wie das Umfeld eine gesunde Entwicklung unterstützen kann. Anbei eine kurze Zusammenfassung der Tagung und der wichtigsten Aussagen.

Gemäss konservativen Schätzungen leben in der Schweiz bis zu 50'000 Kinder mit einem psychisch erkrankten Elternteil. Basierend auf Erhebungen aus Deutschland könnte es sich in der Schweiz sogar um rund 300'000 Kinder und Jugendliche handeln. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Aufwachsen in psychisch belasteten Familien ein rund dreimal höheres Risiko birgt, später selbst eine psychische Erkrankung zu entwickeln. Die Stadt Luzern hat sich deshalb entschieden, die Thematik in einer Fachtagung aufzugreifen. Dabei wurde diskutiert, welche besonderen Herausforderungen Kinder zu bewältigen haben, wie das Umfeld eine erfolgreiche Bewältigung unterstützen kann und welche Massnahmen besonders nützlich sind.

Früherkennung ist wichtig

Der gesellschaftliche Druck, perfekte Eltern zu sein und nicht aus der Norm zu fallen, ist omnipräsent. Aus Angst, als Mutter oder Vater in Frage gestellt zu werden oder als Folge einer Überforderung, suchen viele psychisch belastete Eltern nicht die nötige Hilfe. Familien funktionieren gegen aussen häufig trotzdem über lange Zeit ohne Probleme. Die mitbetroffenen Kinder arrangieren sich mit der gegebenen Situation. Dies erhöht die Gefahr, dass sie selbst überfordert werden – und schliesslich auch psychische Erkrankungen entwickeln.

Entsprechend sei es wichtig, früh hinzuschauen, betonte an der Tagung Dr. med. Kurt Albermann. Er ist Chefarzt im Sozialpädiatrischen Zentrum SPZ im Kantonsspital Winterthur und ärztlicher Leiter des Instituts Kinderseele Schweiz (iks): «Psychisches Wohlbefinden stellt einen wichtigen Baustein für ein selbstbestimmtes, gelingendes Leben dar. Deshalb ist es wichtig, psychische Belastungen und Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Darüber sprechen ist ein erster Schritt: zu Hause, mit Freunden, in der Schule». Dr. med. Oliver Bilke-Hentsch ist Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Luzerner Psychiatrie. Er betonte, dass spätmoderne Familien-konstellationen zusätzliche Stressfaktoren sein können. So forderten die vielfältigen flexiblen Bindungen und anspruchsvollen Trennungen die Resilienz der einzelnen Familienmitglieder stärker denn je.

Wie das Umfeld unterstützen kann

Umso wichtiger sei daher die Rolle des privaten Umfeldes sowie von Fachpersonen. Denn, so sagte Christina Reusser, Bereichsleiterin Kinder- und Jugendhilfe Stadt Luzern: «Menschen mit psychischen Erkrankungen sind oft mit sich selbst beschäftigt. Sie nehmen die Auswirkungen auf ihre Kinder sowie deren Herausforderungen nur eingeschränkt wahr. Manchmal fehlt ihnen die Kraft und die Kinder gehen ‹vergessen›. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Bezugs- und/oder Fachpersonen auch Kinder im Fokus haben und Anzeichen erkennen. Aus diesem Grund haben wir das Thema an der Fachtagung genauer beleuchtet.»

Nil Tinar Melcher ist Leiterin einer Selbsthilfegruppe des Vereins von Angehörigen psychisch Erkrankter. Auch als Tochter einer psychisch erkrankten Mutter weiss sie, wovon Christina Reusser spricht. «Als Kind erhielt ich kaum Unterstützung durch Fachpersonen. Ich hätte mir als Gesprächspartner eine Patin oder einen Paten gewünscht.» Denn eine zuverlässige Bezugsperson schaffe Stabilität, Sicherheit und stärkt Mitbetroffene.

Die Stadt Luzern bietet Unterstützung

Die Abteilung Kinder Jugend Familie der Stadt Luzern ist Kompetenzzentrum und Anlaufstelle für sämtliche Anliegen rund um die Thematik Familie. Sie bietet Kindern, Jugendlichen und Familien ein umfangreiches, unentgeltliches Unterstützungsangebot zur Alltagsbewältigung an. Sie leistet individuelle Hilfe in Krisen oder Notlagen. Wo angezeigt, findet eine Vermittlung an weitere geeignete Fachstellen wie etwa die Kinder- und Jugendpsychiatrie statt. Weitere Infos unter www.kjf.stadtluzern.ch.

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Fachtagung Kinder Jugend Familie Medienmitteilung 01.06.2022 Download 0 Fachtagung Kinder Jugend Familie Medienmitteilung 01.06.2022
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